Gesellschaft und Mobilität Führerschein gegen Fahrschein: Das Modellprojekt im EN-Kreis steht auf der Kippe

EN-Kreis · Finanzprobleme könnten dem Angebot des EN-Kreises ein Ende bereiten – dabei ist die Nachfrage hoch.

Seit dem Frühjahr gibt es im EN-Kreis das Angebot, den Führerschein gegen ein Deutschlandticket zu tauschen.

Foto: dpa/Ole Spata

Dem im Frühjahr gestarteten und vom Ennepe-Ruhr-Kreis finanzierten Modellprojekt zum Umtausch des Führerscheins in ein Deutschland-Ticket droht nach nur einem Jahr ein Ende. Wegen der sich verschlechternden Finanzlage befinde man sich derzeit in Gesprächen, ob und inwieweit der Kreis eine weitere Finanzierung des Angebots leisten könne, sagt der Ordnungsdezernent der Kreisverwaltung, Michael Schäfer, auf WZ-Anfrage. Die Zeichen für einen Erhalt des Angebots stehen allerdings schlecht: Da es sich bei der finanziellen Unterstützung um eine freiwillige Leistung handelt, gerät ein solcher Etatposten schnell in den Blick und fällt „gerne“ dem Rotstift zum Opfer.

Dabei war der Aufruf des Kreises unter dem Motto „Führerschein abgeben, Deutschland-Ticket kostenfrei erhalten“ in der Bevölkerung auf rege Nachfrage gestoßen. Im Zuge einer ersten Bewerbungsrunde hatten 130 Personen aus dem Kreisgebiet ihr Interesse an einem solchen Tausch signalisiert. Der älteste Bewerber war damals 90 Jahre alt, der jüngste 28. Da damals nur 12 000 Euro zur Verfügung standen, konnten zunächst nur 20 Männer und Frauen das Deutschland-Ticket im Tausch für ihren Führerschein erhalten. Das Ticket, das per Losverfahren vergeben wurde, hat einen Wert von monatlich 49 Euro und galt ab dem 1. Mai.

Im Juli wurde eine zweite Runde angesetzt und noch einmal 50 Deutschland-Tickets wurden auf diese Weise unter die Umsteigewilligen gebracht. Gezogen wurden die Gewinner aus den Bewerbungen, die im ersten Durchgang leer ausgegangen waren. 29 400 Euro standen dafür im zweiten Durchgang zur Verfügung.

SPD und Grüne wollen
das Angebot verlängern

„Wir wollten kein Windhundrennen veranstalten und haben deshalb die Deutschland-Tickets unter allen Bewerbern verlost“, erklärt Schäfer. Man habe jedem Verkehrsteilnehmer - egal welchen Alters - die Möglichkeit einräumen wollen, statt der Nutzung eines Personenkraftwagens künftig auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen.

Nach dem Willen der Fraktionen von SPD und Grünen sollte das Angebot auch im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Den Bürgern sollten erneut 70 Deutschland-Tickets im Tauschverfahren angeboten werden. Angesichts der aktuell angespannten Finanzsituation im Kreis könnte dieses Angebot nun allerdings auf die Streichliste geraten.

Als noch „völlig offen“ bezeichnet der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Daniel Pilz, die Fortsetzung des Projekts. Er habe bereits mehrere Anfragen von Bürgern erhalten, die Interesse an einer Weiterführung des Führerscheintausches hätten. Die vom Kreis gestartete Umtauschaktion sei zumindest „eine hervorragende Werbung für das neu eingeführte Deutschland-Ticket“.

Eigentlich hätte der Beschluss über den Etat des Kreises am 11. Dezember bei der Sitzung des Kreistages gefällt werden sollen. Da die NRW-Landesregierung allerdings beschlossen hat, das Haushaltsrecht zu verändern und den Kommunen mehr finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten an die Hand zu geben, kann die Entscheidung des Kreistages auf den kommenden März verschoben werden. „Damit gewinnen wir Zeit. Zeit, die es braucht, um Lage und Möglichkeiten besser einschätzen und denkbare Hilfen einplanen zu können“, sagt Landrat Olaf Schade (SPD).

Am vergangenen Montag hatte sich auch der Kreisausschuss mit dem Thema befasst. Die Etatberatungen werden nun für gut vier Monate eingefroren, bis vonseiten des Landes belastbare Informationen vorliegen, die der Kreis und die Städte in ihre Finanzpläne einbeziehen können. Dann wird sich vermutlich auch die Zukunft des Modellprojekts entscheiden.