In der Reihe „Martfeld Klassik“ hat am Sonntag das dritte Konzert der Saison stattgefunden. Streicher des Sinfonieorchesters Wuppertal begeisterten die Besucher im Schwelmer Haus Martfeld. Bei schönstem Sonnenwetter sorgte die Musik unter dem Titel „Reiselust“ für einen wunderbaren Ausklang des Wochenendes.
Liviu Neagu-Gruber, künstlerischer Leiter der Konzertreihe, hatte aus seinen Lieblingswerken ein ebenso unterhaltsames wie anspruchsvolles Kammermusikprogramm mit Werken von Mozart, Enescu und Tschaikowski konzipiert. Zusammen mit Iva Miletic (Geige), Florian Glocker und Axel Hess (Bratschen), Joël Wöpke und Anne Yumino Weber (Celli) begeisterte der erste Geiger Neagu-Gruber das Publikum im ausverkauften Haus.
Von Violinen über Bratschen bis zu den Celli
Den Anfang machten sie mit der „Sinfonia Concertante Es-Dur“, die Wolfgang Amadeus Mozart 1779 für Violine, Viola und Orchester komponiert hatte. Ein anonymer Bearbeiter gestaltete im Jahr 1807 das Werk für Streichsextett und verteilte dabei sehr aufwendig die Solostimmen gleichberechtigt auf alle sechs Instrumente. Mozart typischer, inniger Streicherklang wechselte von Violinen zu Bratschen und zu den Celli. Auf lebendig sprudelnde Kaskaden folgten liebliche Klänge im Piano, mal führten die Violinen, mal die Celli und dann die Bratschen den filigranen Melodienreigen an. Kleine Kapriolen aller Instrumente durchzogen das Allegro maestoso. Immer neue wechselnde Dialoge erwuchsen im tiefgründigen Andante, eine sanft klagende Melodie durchzog den Satz.
Die sechs Streicher meisterten auch den anspruchsvollen Schluss des Andante mit Bravour. Im tänzerischen Presto kehrte Mozarts Lebensfreude zurück, die sich leichtfüßig, beinahe übermütig ausdrückt. Mit großer Meisterschaft und viel Herzblut beendeten die sechs Streicher das Presto mit virtuosen Triolen und mitreißendem Schwung.
Mit der „Rumänischen Rhapsodie Op. 11 Nr. 1 in A-Dur“ von George Enescu führte die musikalische Reise in Neagu-Grubers Geburtsland Rumänien. Enescu hatte seine Rhapsodie für großes Orchester geschrieben, Lucian Moraru bearbeitete das Werk für Streichquartett und Neagu-Gruber kündigte es als deutsche Uraufführung an. Kurz vor dem Kammerkonzert im Haus Martfeld hatte er das musikalische Juwel zu einem Quintett umbesetzt: Es spielten zwei Violinen, eine Viola, ein Cello und Rayle Blingh sorgte am Kontrabass für besonders tiefe Töne.
Volkstänze und Walzerklänge, Anklänge an Brahms und Wagner, deutsche Romantik und französischer Impressionismus wirbelten bei diesem Werk äußerst kunstvoll und fröhlich durcheinander. Die Melodie wechselte von Instrument zu Instrument. Immer wieder ließ Liviu Neagu-Gruber seine Geige anrührende Soli „singen“, die zu Herzen gingen. Die fünf Musiker spielten das temporeiche Werk mit großem Vergnügen und ebensolcher Virtuosität. Der rasant-rhythmische Schluss zog die Besucher in seinen Bann.
Peter I. Tschaikowskis Streichsextett d-moll, op. 70 „Souvenir de Florence“, wurde als einziges Werk dieses Konzerts im Original für zwei Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli komponiert. Die „Erinnerung an Florenz“, sein einziges Streichsextett, hatte Tschaikowski im Sommer 1890 auf seinem Landsitz im russischen Frolowskoje komponiert. Schon im Allegro con spirito vereint er russische Seele mit florentinischer Leichtigkeit.
Alle Instrumente präsentierten exzellente Soli. Auf schmerzlich schöne Klänge folgten aufgewühlte Emotionen. Violine und Cello präsentierten im Adagio cantabile zarte Gesänge, in die auch die Violen einstimmten. Ein traumhaft schönes Cello-Solo erreichte gefühlvolle Tiefen, das Allegretto moderato endete mit verspielten Pizzicati. Im Allegro vivace nahmen die lebhaften Dialoge der Instrumente noch einmal Fahrt auf. Das war Musik, die Herz und Seele der Besucher erreichte. Es folgte langanhaltender, riesengroßer Applaus des begeisterten Publikums.