Landessynode Landeskirche will nicht länger alt aussehen

Bad Neuenahr · Die Premiere einer Jugendsynode wird als erster Erfolg gefeiert. Und für das Erproben neuer Gemeindeformen geben die rheinischen Protestanten in den nächsten zehn Jahren zwölf Millionen Euro aus.

Pionier neuer Gemeindeformen: Daniel Njikeu ist seit Mai 2018 damit beauftragt, in Wuppertal eine Internationale Evangelische Gemeinschaft aufzubauen. Foto: Kirchenkreis Wuppertal

Foto: Nikola Dünow

In den 687 Gemeinden und 37 Kirchenkreisen der Evangelischen Kirche im Rheinland (Ekir) werden sich jetzt manche klamme Blicke auf die Altersstruktur der örtlichen Jugendausschüsse richten. Denn die Landessynode hat am Donnerstagvormittag beschlossen, die Partizipation junger Menschen zu verbessern. Was so abstrakt klingt, könnte vor Ort mitunter kniffelig werden. Denn Ziel ist beispielsweise eine Quote von 50 Prozent junger Menschen bis zu einem Alter von maximal 26 Jahren in den Fachausschüssen für Jugend. Die Realität wird hier bisher noch viel zu oft von Älteren bestimmt, die sich bestenfalls noch jung fühlen.

Der einstimmige Beschluss ist auch selbst schon Ergebnis der Bemühungen, den Jüngeren innerkirchlich mehr Gehör zu verschaffen. Denn er basierte auf einem Leitpapier, das die erstmals vorgeschaltete Jugendsynode unmittelbar vor dem Beginn der sechstägigen Landessynode beschlossen hatte. Zu den Vorhaben der Ekir zählt auch, in fünf Kirchenkreisen unterschiedlicher Regionen über einen Zeitraum von drei Jahren innovative Modelle zur besseren Teilhabe der kirchlichen Jugend zu erproben.

Präses Manfred Rekowski sprach angesichts eines Tages, an dem beinahe alle Tagesordnungspunkte durch Beschlüsse der Jugendsynode ergänzt wurden, von einer „Erfolgsstory“: „Das Experiment, das wir eingegangen sind, hat sich bewährt.“ Dabei gehe es nicht darum, Verantwortung einfach nach dem Motto „Die Jugend wird‘s schon richten“ zu delegieren, sondern schlicht darum, dass „junge Menschen sich einbringen wollen und viel bewirken können“.

Kein Wunder, dass gerade die Jugendsynode von einem anderen Thema elektrisiert war, das die Landessynode ebenfalls am Donnerstag konkretisiert hat. Es geht um das Ausprobieren neuer Gemeindeformen. „Die preußische Gestalt von Kirche ist nicht in Stein gemeißelt“, sagt Vizepräses Christoph Pistorius. Für Gemeinde sei nicht zwingend eine feste Adresse oder die Definition durch ein Pfarramt notwendig. „Wir brauchen mehr Agilität.“

Zwar sorgte ein Beispiel aus den benachbarten Niederlanden noch für Raunen im Plenarsaal: Dort gebe es mittlerweile auch einen Pfarrer ohne Kirche und Gemeinde, der als Anlaufpunkt ein örtliches Café habe, erzählte Oberkirchenrätin Barbara Rudolph. Aber wenn die Ekir von „Erprobungsräumen“ spricht, die über einen Zeitraum von zehn Jahren gefördert werden sollen, ist genau das gemeint: ein freies Experimentieren mit allen möglichen Formen, christliche Gemeinschaft zu bilden, ohne sich dabei zwangsläufig am tradierten Bild einer Kirchengemeinde zu orientieren.

Ein Beispiel, das die Ekir dabei im Kopf hat, läuft bereits. In Wuppertal ist der gebürtige Kameruner Daniel Njikeu seit dem vergangenen Mai damit beauftragt, eine Internationale Evangelische Gemeinschaft aufzubauen - ausdrücklich nicht als eine neue Gemeinde anderer Sprache und Herkunft, sondern als Sammelort für unterschiedliche spirituelle und kulturelle Hintergründe, in denen sich die Vielfalt der Stadt widerspiegelt. Auch das offene Konzept der Wuppertaler Kreuzkirche, die 2006 als Gemeindekirche aufgegeben wurde und sich seither unter Trägerschaft der Diakonie zu einem urbanen Treffpunkt entwickelt hat, zählt zu der Art Projekte, die jetzt gefördert werden sollen.

600.000 Euro stellt die Landeskirche dafür jährlich zur Verfügung. Zusammen mit der Finanzierung von fünf Pfarrstellen, Fortbildungen und einer wissenschaftlichen Begleitung werden in den nächsten zehn Jahren zwölf Millionen Euro investiert, um sich auf die Suche nach der möglichen Kirche von morgen zu machen. Der Kirche von heute und gestern macht das mitunter Sorgen. Manche Gemeinde fürchtet, neben geförderten Leuchtturmprojekten gänzlich unterzugehen. Aber Pistorius, der die Projektidee vor zwei Jahren mit auf den Weg gebracht hat, sieht für Konkurrenzängste keinen Anlass. Es gehe nicht um ein Gegenmodell, sondern um die Zukunftsfähigkeit der Kirche. Die ersten Mittel sollen noch im Laufe dieses Jahres fließen. „Ich finde es klasse, dass der Ball, den wir ins Spielfeld geworfen haben, jetzt Drive aufnimmt.“