Ein (Familien-)Leben fürs Segeln

Amelie, Malte und Jan zählen zur Spitze der deutschen Vaurien-Segler. Papa Andreas ist auch im TTC Haßlinghausen verankert.

Mit einem Segelschein, den Papa Andreas von Ehefrau Susanne und seinen drei Kindern 1995 zum 38. Geburtstag geschenkt bekam, fing alles an. Heute gehören die Burkerts aus Haßlinghausen zu den bekanntesten Familien im deutschen Segelsport. Tochter Amelie (17) mit ihrem Steuermann Peter Lakshmanan sowie die Burkert-Söhne Malte (21) und Jan (20) zählen seit Jahren zu den deutschen Top-Fünf in der Vaurien-Klasse - einer nicht-olympischen Zwei-Mann-Jolle. Bei den Weltmeisterschaften 2006 im spanischen Laredo stellte Familie Burkert bei drei Booten sogar 50 Prozent der deutschen Mannschaft.

Dass Nesthäkchen Amelie, die ihre Brüder zuletzt meist abhängte, mit ihrem Segelpartner aktuelle Deutsche Meisterin ist, heizt dabei den Konkurrenzkampf zusätzlich an. "Hauptsache auf den An- und Abfahrten ist im Auto Ruhe”, sagt Andreas Burkert lachend. Im Sommerhalbjahr sind sie schließlich an vielen Wochenenden zu Regatten in Deutschland und dem Ausland unterwegs. Segeln das ist trotz des inzwischen so hohen Niveaus für die Burkerts aber immer noch Familiensport geblieben. Das Heimatrevier ist der Kemnader Stausee - für Sprockhöveler bekanntlich nur einen Katzensprung entfernt.

"Als mein Vater in den Segelverein Lottental-Bochum eintrat, sind wir natürlich immer mitgefahren”, erzählt Malte, dass sich die Sache ganz natürlich entwickelte. Malte war sieben, Jan sechs, als sie in der Jugendabteilung des Clubs erstmals selbst ins Boot stiegen. Grundvoraussetzung: Man musste Lesen können, denn natürlich stand auch für den Nachwuchs zu Beginn die klassische Segelausbildung auf dem Programm.

Sehr schnell stieg Malte dann auf die Vaurien-Rennklasse um und erzielte mit Amelies heutigem Steuermann Peter früh große Erfolge. Mit zwölf Jahren segelte er seine erste Jugendweltmeisterschaft mit. "Ein relativ kleines Boot mit relativ viel Segelfläche”, beschreibt er den leichten Renner. Die Geschwindigkeit, vor allem aber auch die Taktik haben es ihm angetan. "Jan und ich verstehen uns mittlerweile blind. Wenn das Segel vor meinen Augen steht und ich die Konkurrenz und die Tonnen nicht beobachten kann, zeigt er mir den Kurs, wenn ich ein Manöver einleite, weiß er umgekehrt auch ohne Anweisungen genau, wie er sein Gewicht verlagern muss und welche Schot zu bedienen ist”, beschreibt der Student für angewandte Informatik. Auch in seinem später angestrebten Ingenieurberuf wird es darum gehen, Maschinen - allerdings computerprogrammiert - genau so zu lenken, wie man es braucht.

Auf die neue Saison freut sich Malte besonders, obwohl er den Vorschoter wechseln muss, weil Bruder Jan nach dem Abi für ein Jahr Australien bereist. In der Vaurien-Klasse wird nämlich die Segelfläche vergrößert. Neben neuen Segeln hat er sich außerdem ein neues Boot gekauft. "Dann werden die Karten neu gemischt”, frozzelt er mit Blick auf die kleine Schwester, deren geringeres Gewicht, dann kein Vorteil mehr sein muss. "Das werden wir ja sehen”, kontert sie locker.

Außerdem hat die 17-Jährige, die beim Segeln wie auch bei der schulischen Karriere am Gymnasium Gevelsberg den Brüdern nacheiferte, noch ein ganz eigenes Eisen im Feuer. Seit einigen Jahren tanzt sie in der Jazz- und Modern-Dance-Formation Arabesque des ASV Wuppertal in der 2. Bundesliga. "Was ich lieber mag, kann ich nicht sagen. Bei schönem Wetter vielleicht Segeln”, versichert die 17-Jährige. Im Kalender hat das Tanzen jedenfalls Priorität, geht es doch dreimal in der Woche mit dem Bus zum Training nach Wuppertal.

Fest verwurzelt bleibt die Familie, die im Jahr 1993 ein Reihenendhäuschen in Haßlinghausen bezog, dennoch in Haßlinghausen. Andreas spielt schließlich leidenschaftlich gern beim TTC Tischtennis, übernimmt dort außerdem als Geschäftsführer Verantwortung. Susanne arbeitet Teilzeit in der Postagentur bei Heimdekor Gimbel. "Ein schöner Ausgleich, aber mehr lässt die Familie nicht zu”, sagt sie. Angesichts der vielen Sport-, Studien- und Schultermine - alle drei spielen zusätzlich noch ein Instrument - ist ohnehin Organisationstalent gefragt. "Mal einen Arzttermin dazwischen zu schieben, ist schon schwer. Manchmal müssen wir zaubern”, gibt sie zu.

Noch größere Ambitionen im Segelsport scheitern übrigens auch am Multitalent der jungen Burkerts. "Klar hat man mal überlegt, auf eine olympische Bootsklasse umzusteigen, aber angesichts meines Studiums wäre der Zeitaufwand einfach zu groߔ, sagt Malte. Den Durchblick scheinen er und seine Geschwister also nicht nur beim Segeln zu haben.