Literatur Eine Zeitreise ins Sprockhöveler Zauberreich Lerchenhausen

Sprockhövel · Karin Hockamp hat ein Buch über die Geschichte Hiddinghausens veröffentlicht.

Herr Hiby und sein Sohn.

Foto: Karin Hockamp

30 Jahre lang arbeitete Karin Hockamp als Archivarin für die Stadt Sprockhövel. Jetzt brachte die pensionierte Historikerin ein Buch über die Geschichte des Gutes Oberleveringhausen mit dem Titel „Zauberreich Lerchenhausen“ heraus.

„Ich habe 1991 bei der Stadt meinen Dienst angetreten. Gleich zu Anfang bat man mich, mich mit Mathilde Anneke zu beschäftigen. Dieses Thema hat mich über meine 30 Dienstjahre dann intensiv begleitet“, erklärte sie dem kleinen Auditorium, das sich in der heimeligen Stube des Bürgertreffs an der Dorfstraße versammelt hatte. Windlichter und Herbstdekoration sorgten drinnen für Gemütlichkeit, während draußen vor den Sprossenfenstern Schneeflocken wirbelten. Dies war die passende Atmosphäre für einen Ausflug in die Geschichte von Sprockhövel-Hiddinghausen: Auf Gut Leveringhausen kam nämlich 1817 Mathilde Franziska Anneke zur Welt.

Marion Krohn, Vorstandsmitglied der Sprockhöveler SPD, die die Lesung organisiert hatte, begrüßte die Gäste und skizzierte die Entstehungsgeschichte des Buches, dessen 1. Auflage bereits vergriffen ist, obwohl das Buch erst in diesem Jahr erschienen ist. Die 2. Auflage ist bereits gedruckt; das Geschichts- und Geschichtenbuch mit Lokalkolorit wurde von der Kunst- und Kulturinitiative Sprockhövel herausgegeben. Die deutsche Stiftung Denkmalschutz und die Sparkassenstiftung haben das Projekt gefördert.

Historisches Bildmaterial, Abbildungen alter Dokumente, Karten, Luftbilder kombinierten sich zu Erläuterungen von Hintergründen, Zusammenhängen und Zuständigkeiten im Raum Hiddinghausen im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts. „Ich habe den alten Herrn Hiby noch gekannt“, berichtete die Autorin von ihrer persönlichen Beziehung zu den Menschen auf Gut Oberleveringhausen. Dass der Hof inzwischen verlassen und sanierungsbedürftig ist, bedauert sie sehr.

„Die Stiftung Denkmalschutz erklärt, dass sie zu wenig Personal hat, aber sie sei bemüht, das Haus zu sanieren“, berichtet Karin Hockamp. Es ist ihr ein großes Anliegen, das Geburtshaus von Mathilde Anneke, geborene Giesler, zu erhalten. „Das Mobiliar wurde von der Schwester des vor vier Jahren verstorbenen Herrn Hiby verkauft, aber die Stiftung hat es zurückgekauft und eingelagert. Aus der Zeit von Mathilde Anneke sind eigentlich nur noch die Wände und die Türen erhalten“, weiß die Historikerin.

Dabei ist die Tochter Sprockhövels, die mit ihrem zweiten Ehemann nach der Märzrevolution von 1848 nach Amerika auswanderte, eine Pionierin der deutschen und amerikanischen Frauenbewegung.

Sie kehrte nie in ihr Großelternhaus nach Sprockhövel zurück. In Milwaukee gründete sie eine Mädchenschule mit bestem Renommee. An der mit der deutschen Pädagogin Cäcilie Kapp gemeinsam gegründeten Schule konnte sie ihre Vorstellungen von einer fortschrittlichen Mädchenbildung verwirklichen. Die Wegbegleiterin von Karl Marx war Gründerin einer deutschsprachigen Frauenzeitung, engagierte sich gegen die Sklaverei und für die Rechte der indigenen Bevölkerung.

„Während ihrer ersten Ehe mit einem Mühlheimer Weinhändler machte die 19-Jährige die bittere Erfahrung von Enttäuschung und Gewalt“, ist im Buch von Karin Hockamp zu lesen. Nach ihrer Scheidung habe sie „Mathilde gewesene von Tabouillot“ geheißen, Ausgrenzung aus der „guten Gesellschaft“ und Armut hätten das Leben der zeitweilig Alleinerziehenden in Deutschland geprägt. „Das Weib im Conflict mit den sozialen Verhältnissen“ – so der Titel eines Aufsatzes von Mathilde Anneke, sei eine der ersten feministischen Schriften Deutschlands gewesen, erklärt Karin Hockamp.

Die Ausführungen zu Mathilde Anneke sind einer von mehreren Exkursen im Kontext der Geschichte von Gut Oberleveringhausen. Auch Reichsfreiherr Karl vom und zum Stein, der aus Wengern stammenden Autorin Henriette Davidis und dem in Sprockhövel geborenen Kinderarzt Professor Hermann Brüning sind Kapitel gewidmet.

In ihrem Buch „Zauberreich Lerchenhausen“ nimmt Karin Hockamp die an Heimatgeschichte interessierten Leserinnen und Leser mit auf eine spannende Reise. Dabei geht es unter anderem um die Bedeutung des Ortsnamens, die Sonderstellung des Gutes Leveringhausen und um die Entwicklung von Leveringhausen zu Oberleveringhausen. „Die Glanzzeit von Oberleveringhausen“ ist ein Kapitel überschrieben, „Der glücklose Karl Giesler“ oder „Stürmische Zeiten“ sind weitere Kapitelüberschriften. Es geht auch um die Familie Wassermann und um „Gerda und Herbert Hibys Kampf um den Schutz des Hauses“.

Das Buch „Zauberreich Lerchenhausen“ wurde von der Kunst- und Kulturinitiative Sprockhövel herausgegeben. Es kostet zehn Euro und ist in der Buchhandlung „Der Buchladen“ in Niedersprockhövel, in der Stadtbücherei in Haßlinghausen sowie beim Heimat- und Geschichtsverein zu bekommen.