Mittsommernacht: Bummeln, klönen, kaufen und genießen
Die erste Lichternacht war trotz kühler Temperaturen ein schönes Ereignis.
Sprockhövel. Bei "Stoffikus" sitzen die Damen so versunken wie Schneider Wibbel, nur eben nicht mit der Handnadel, sondern an Nähmaschinen.
Das traute Bild im Glühlampenschein erinnert an Großmutters Tage, und auch an die kühlere Jahreszeit. Das will was heißen kurz vor Beginn eines Sommers.
Sie hatte es sich anders vorgestellt, die Wirtschaftliche Interessengemeinschaft Sprockhövel (WIS), als sie ihr Lichterfest für die Mittsommernacht plante. Was nicht heißen soll, dass die Sprockhöveler am Samstag daheim in der Kuschelecke geblieben wären. Ihnen genügte "trocken mit sonnigen Abschnitten".
Bummeln, klönen, kaufen, genießen - ein rundes Programm, bei dem man vermuten würde, dass es nicht zu jedem Warenangebot passt. Aber selbst ein Optiker ist rundum begeistert vom Erfolg: "Ich war skeptisch", sagt Gunnar Brandes
"Wir stehen ja sowieso sechs Tage in der Woche hier im Laden. Da ist man erst einmal nicht glücklich über so etwas wie eine lange Nacht. Aber dann ist es doch jedes Mal schön." Geschäfte habe er nicht gemacht, wohl aber Termine, und es seien auch viele Auswärtige zu ihm gekommen.
Von Bowle und Brötchen bei Optiker Brandes geht es rüber zu Franks Fahrradlädchen. "Hast du noch Würstchen übrig", ruft jemand und erhält die Antwort, die er hören will: "Aber klar, die werden einzeln angefertigt." Es geht doch nichts über Dinge, die mit Liebe gemacht werden. Und genau das ist der Schlüssel zu diesem gelungenen Fest.
"Puh", stöhnt Buchhändlerin Helga Schulz und ist sichtlich erschöpft. "Der Laden war voll. Ein Superabend. Partystimmung draußen und drinnen. Mal kurz im Geschäft von vorne nach hinten laufen, das war nicht möglich."
Nun aber ist es ruhiger geworden. Vor der Boutique "Casa Blanca" beweist der Akkordeonspieler Durchhaltevermögen und erfüllt noch letzte Musikwünsche. "Einen Walzer, aber ja."
Während Pia und Grit vor der Kinderboutique "Pusteblume" einen Nachthimmel mit vielen Sternen malen, lassen die Erwachsenen kleine Ballons in den echten Himmel steigen, an dem sich kein Stern zeigt.
Aber so ist das nun mal: Für das Licht im Leben muss jeder selbst etwas tun. Die Sprockhöveler haben bewiesen, dass sie das perfekt beherrschen.
Bei "Stoffikus" wird gegen Mitternacht immer noch in kleiner Runde emsig geschneidert. Nebenan knistert vor dem Haus Heine ein wärmendes Feuer, vielleicht so wie damals, als Henriette Davidis hier ihre Mädchen unterrichtete.
Heute dagegen gibt es im Haus Schnitzel zum Festtagspreis - auch noch für die, die an den vielen Probierständen nichts gefunden haben oder vor lauter bummeln, klönen, kaufen, genießen noch nicht zum Essen gekommen sind.