Sprockhövel: Sparkasse - halbe Million in der Tasche
Vor 50 Jahren waren Geldgeschäfte noch Handwerk. Ursula Preuß und Paul Heinrich Bürhaus erinnern sich.
Sprockhövel. Der Geldtransport war in den 50er Jahren eine abenteuerliche Sache: "Wir sind immer mit der Einkaufstasche Geld holen gefahren", erzählen Ursula Preuß und Paul Heinrich Bürhaus, die 1954 und ’55 ihre Ausbildung bei der "Amtssparkasse Blankenstein in Sprockhövel" begannen, wie sie damals noch hieß.
Mit dem Omnibus mussten die Angestellten abwechselnd zur Landeszentralbank nach Hattingen fahren und Geld herbeischaffen. "Einmal musste ich 500 000 Mark holen, dabei ganz viele Münzen. Dann ist der Henkel von der Tasche abgerissen. Um sie überhaupt noch tragen zu können, habe ich mir Säcke mit Münzen auf die Schultern gelegt", erinnert sich Bürhaus. Später durften sie dann ein Taxi benutzen. Vom Fenster der Landeszentralbank aus warfen sie die Münzsäcke dem Chauffeur zu.
Großunternehmen wie Kohlegruben benötigten in den 50ern noch viel Bargeld: Wöchentlich wurde der Lohn in Tüten ausbezahlt. Erst um 1958 kamen Gehaltskonten auf, sehr zum Leidwesen der Wirte am Firmentor.
Computer gab es damals noch gar nicht, nur die riesige Buchungsmaschine Astra. Alle Sparbücher wurden handschriftlich geführt. "Die Zu- und Abbuchungen wurden zusätzlich auf lange, schmale Kartons geschrieben und die Zinsen ausgerechnet", erklärt Ursula Preuß das System. Der Tagesumsatz wurde in Kladden vermerkt. Sehr wichtig war die korrekte Ablage: "Wir bekamen jeden Tag Berge von Schecks und Wechseln." Diese wurden in Taschen abgelegt und mittags nach Kontonummern sortiert. Ein Stichtag endete immer mittags. War ein Wechsel bis dahin nicht gedeckt, ging er sofort zum Rechtsanwalt.
"Manche haben gar nicht gewusst, dass sie bei der Abzahlung ihren Wechsel zurückverlangen mussten", sagt Bürhaus. Ein Möbelgeschäft etwa bot Ratenzahlungen per Wechsel an, so dass manchmal 100 solcher Papiere am Tag in der Sparkasse auftauchten. Als Ursula Preuß an ihrem ersten Arbeitstag zur Post geschickt wurde, um Wechselsteuermarken zu holen, dachte sie noch an einen Aprilscherz. Doch die Marken über 15 Pfennig je 100 Mark mussten damals auf jeden Wechsel geklebt werden.
Auch Zahlscheine waren üblich, etwa um die Miete von einem Bauverein zu bezahlen. "Wir mussten die Belege von einem ganzen Tag sammeln, dann wurde das mit Leim und Gaze zu einem Buch gebunden", erinnert sich Preuß. Überweisungen kamen auf einen Stapel. Nur wenn eine Überweisung höher als 500 Mark war, wurde sie als Eilüberweisung an die Empfängerbank geschickt und andere, kleinere Werte dazugegeben. Ansonsten musste eine Überweisung nach Wuppertal erst zur Girozentrale Dortmund (zuständig für Sprockhövel) geschickt werden.
Anstrengend war immer das Jahresende für die Sparkassenmitarbeiter. Alle Jahresabschlüsse mussten noch fertig werden. "Wir haben die Nacht vor Silvester regelmäßig durchgemacht", erzählt Preuß. Groß war der Zusammenhalt. "Wir waren ein gutes Team. Wenn irgendwo zwei Pfennig fehlten, haben wir immer alle zusammen gesucht, da hat keiner auf die Uhr geguckt."