Obersprockhövel/Wegerechtsstreit an der Löhener Egge: Kalter Krieg unter Nachbarn

Sehr lange war die Durchfahrt für alle frei. Nun setzt eine Familie ihr Eigentumsrecht durch und macht die Straße dicht.

<strong>Sprockhövel. Erdwälle, Metallzaun, Stacheldraht, Holz- und Gestrüpp-Barriere - was anmutet wie eine Grenzbefestigung im Kalten Krieg, teilt seit einer Woche die kleine Straße Löhener Egge mitten im sonst so friedlichen Sprockhövel. Ländlich, familiär mutet es in diesem Teil der 26 000-Einwohner-Stadt bei Wuppertal an. Mit der guten Nachbarschaft ist es aber vorbei, seit eine Familie den übrigen Anwohnern die seit Jahrzehnten gewohnte Durchfahrt verwehrt.

Eine Provinzposse? Mitnichten, denn der Fall Löhener Egge beschäftigt seit Jahren Zivil- und Verwaltungsgerichte, hält die Stadtverwaltung, sogar die Bezirksregierung in Atem. "Ich setze nur um, was uns gesetzlich zusteht", sagt Cornelia Himmerich, Mitglied der Erbengemeinschaft, der das Grundstück gehört, über das die kleine Asphaltstraße verläuft. Sie macht keinen Hehl daraus, dass die Erbengemeinschaft ihr gerichtlich verbrieftes Eigentum nutzt, um sich gegen die Stadt aufzulehnen.

Vergeblich hatte ihre Familie Baurecht für ihr Grundstück beantragt. Die Verwaltung lehnte mit Hinweis auf den Außenbereich ab. Dass nebenan 1979 der damalige Leiter des Sprockhöveler IG Metall-Bildungszentrums und spätere langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete Adi Ostertag bauen durfte, bezeichnet Cornelia Himmerich inzwischen als "Filz". Ihre Schwiegereltern hatten Ostertag die Fläche einst noch selbst verkauft.

Die Anwohner fühlen sich als Geiseln eines Streits, der sie nichts angeht. Ihre Straße ist nach der Sperrung zur Einbahnstraße geworden, noch dazu mit gefährlicher Ausfahrt auf eine Landesstraße. Die Familie Himmerich fühlt sich umgekehrt bedroht. Eine Schranke, die sie 2004 bereits installiert hatte, sei beschädigt, immer wieder seien Zäune mutwillig zerstört worden.

Gesetz Das Straßen- und Wegegesetz NRW von 1960 gab Städten erstmals das Instrument in die Hand, Straßen öffentlich widmen zu können, wenn die Durchfahrt für die Allgemeinheit seit mindestens 90 Jahren durch die Eigentümer geduldet wurde. So lange keine Probleme auftauchten, machte aber kaum eine Stadt davon Gebrauch.

Widmung Inzwischen ist eine öffentliche Widmung nicht mehr so leicht. Die Gerichte verlangen dazu einen schriftlichen Nachweis, dass die Durchfahrt schon immer geduldet worden ist. Schriftliche Verträge wurden in früherer Zeit aber in der Regel nicht abgeschlossen, meist liefen derartige Vereinbarungen per Handschlag.

Vorsorge Weil es immer häufiger dazu kommt, das Eigentümer die öffentliche Durchfahrt plötzlich versagen, versuchen die Städte erst jetzt, Vorsorge zu betreiben. Dazu gehört der Versuch, entsprechende Straßenflächen zu kaufen oder das Einverständnis für eine öffentliche Widmung zu erreichen. Das gestaltet sich aber oft als sehr schwierig.