Sprockhöveler Gänse leben artgerecht

Horst und Jens Knippschild züchten auf ihrem Bauernhof in Sprockhövel die gefiederten Tiere.

Foto: Stefan Fries

Sprockhövel. Am 11. November steht auf vielen deutschen Tischen wieder ganz traditionell ein duftender Gänsebraten — gefüllt mit Äpfeln, Pflaumen oder Nüssen, serviert mit Rotkohl oder Kartoffelklößen. Die Meinungen zu Hintergründen für den Brauch, am Martinstag eine Gans zu verzehren, gehen auseinander. Die einen behaupten, der heilige Martin habe sich im Stall versteckt, um der Wahl zum Bischof zu entgehen und die Gänse hätten ihn verraten — deshalb müssen die Tiere nun dafür büßen. Die anderen meinen, der Brauch habe sich aus dem Zahltag für Saisonarbeiter entwickelt. Früher war Martini nämlich der Tag, an dem die Saisonarbeiter ihren Lohn bekamen. Und so versammelten sich alle Arbeiter, die im Sommer bei der Ernte geholfen haben, noch einmal zum Essen. Bauern, die es sich leisten konnten, schlachteten dafür eine Ente oder eine Gans.

Warum man für den Martinstag Gänse schlachtet, wissen auch Horst und Jens Knippschild nicht. Aber sie züchten sie auf ihrem Geflügelhof, um sie dann entweder für den 11. November oder für Weihnachten zu schlachten. Mehr als 200 Gänse sind es, die am Mittwoch noch über die riesige Wiese watscheln. Drei Hektar stehen ihnen zur Verfügung — mehr, als sich eine typische Mastgans jemals erträumen könnte. „Jeden Abend holen wir sie in den Stall. Die haben eine innere Uhr, deswegen wissen sie schon ungefähr, wann sie reingeholt werden“, sagt Horst Knippschild, als sich die Gänse langsam vor dem Tor versammeln, um in den warmen Stall gelassen zu werden. Zehn Gänse und ein Ganter zählen zu den älteren Vögeln auf dem Hof und werden nicht geschlachtet. „Die beschützen die Jungtiere vor Greifvögeln und passen auf. Da haben wir nämlich nicht immer Lust drauf“, sagt Horst Knippschild und lacht.

Seit Mai stehen die Gänse nun schon täglich auf der Wiese. Das ist eine deutlich längere Lebenszeit, als es für Mastgänse üblich ist, die es im Discounter in der Tiefkühltruhe gibt: Die werden meist nach drei Monaten geschlachtet. „Durch die Bewegung auf der Wiese bekommen die Gänse mehr Muskelfleisch. Die Gans ist von Haus aus schon sehr fettig, und so entsteht eine andere Fleischqualität“, betont Horst Knippschild.

Der Bauer hoffe noch auf Frost. „Dann bekommen sie ein anderes Federkleid und lassen sich besser rupfen.“ Denn die Gänse schlachtet Horst Knippschild selbst noch vor Ort. Dabei achtet er darauf, dass es schnell und schmerzfrei geschieht. Regelmäßig kommt das Veterinäramt und kontrolliert die Anlagen und die Lebensumstände der Tiere. Als Futter bekommen die Gänse ausschließlich das Gras, das sie auf der Weide fressen und Mais sowie eigenes Getreide. Richtige Bio-Gänse eben.

Ein Kilo Gans kostet bei Knippschilds zwölf Euro. „Eine Gans wiegt zwischen 4 und 5 Kilo. Wir messen oder wiegen die nicht nach Plan, deswegen ist das immer unterschiedlich“, sagt Horst Knippschild. Rund 30 der 200 Gänse werden für Martini am Samstag geschlachtet. Eine bleibt auch für Familie Knippschild übrig — die kommt ganz traditionell jedes Jahr auf den Tisch.