Krieg in Europa Überwältigende Hilfsbereitschaft in Sprockhövel
Sprockhövel · Die Flüchtlingshilfe organisierte eine Sammlung für die Ukraine – auch ehemals Geflüchtete packten mit an.
„So geht das schon seit 11 Uhr“, sagt Miriam Venn, die Vorsitzende der Flüchtlingshilfe Sprockhövel, und schaut strahlend auf die permanent ins Kleider-Depot an der Wuppertaler Straße 3 strömenden Frauen und Männer. Sie sind vollbepackt mit Hilfsgütern für die Menschen, die nach dem russischen Überfall aus der Ukraine geflohen sind. Per Appell in der Tagespresse und den in diesem Fall tatsächlich sozialen Medien hatte die Flüchtlingshilfe zu Sachspenden aufgerufen, und damit eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst.
Noch in der Nacht zum Samstag sollen sich vier Transportfahrzeuge in Bewegung setzen zu den ukrainisch-polnischen Grenzübergängen Przenysl und Korczowa sowie zur Bahnhofstation Chelm, um dort die gespendeten Hilfsgüter abzuliefern. „Wir haben mit Markus Matzel einen Mann vor Ort, der zwischen den drei Zielpunkten pendelt und uns von dort mitteilt, was am nötigsten gebraucht wird“, sagt Miriam Venn.
Und diesen Bedarf hatte die Flüchtlingshilfe gezielt weitergegeben: Iso-Matten, Schaumstoff-Unterlagen, Decken, Handtücher, Watte, Seife, Papiertaschen- und Handtücher, Hygiene-Artikel, Babynahrung, Windeln, Pflaster sowie Mund- und Nasenschutz, um Corona-Infektionen vorzubeugen. Aber auch Gehhilfen lagen für den Abtransport bereit sowie Konserven und Milchpulver. Kleidung war ausdrücklich nicht gewünscht, und diesen Rat hatten die Menschen aus Sprockhövel auch befolgt.
All das wurde von einer stattlichen, in vier Schichten arbeitenden Gruppe von freiwilligen Helferinnen und Helfern in Empfang genommen, gesichtet, sortiert und dann in die bereit stehenden Transporter geladen. Diese waren bis unters Dach gefüllt für die rund 1300 Kilometer lange Fahrt zu den drei Zielen im Grenzgebiet. Die Rückfahrt werden die leistungsstarken Fahrerinnen und Fahrer übrigens nicht leer antreten. „Sie werden dann Geflüchtete mitnehmen, für die es hier schon private Unterkünfte gibt.“
Weitere Hilfstransporte
sind bereits geplant
„Acht Fahrerinnen und Fahrer wechseln sich auf der langen Reise ab.“ Den Freitagnachmittag und den Abend nutzen sie zum Ausruhen. „Die helfen jetzt natürlich nicht mit“, so Miriam Venn. Für das kommende Wochenende sind weitere Hilfstransporte geplant. „Ich glaube, dass uns die Probleme vor Ort auch in den kommenden Wochen und Monaten beschäftigen werden, denn es werden immer mehr Frauen und Kinder vor dem Vormarsch der russischen Truppen fliehen“, sagt sie, weshalb auch noch mehr Sachspenden gern angenommen werden. Auch Geldspenden werden benötigt, denn der Transport der Hilfsgüter verursacht Kosten, die aufgebracht werden müssen, wie zum Beispiel die Benzinkosten.
„Meine Frau und ich haben Babynahrung, Windeln und Hygiene-Artikel hergebracht, und dann sind wir gleich dageblieben und haben mitgeholfen, die Spenden in die richtigen Wege zu leiten“, sagt der Sprockhöveler Frank Mrotzek. Jede Hand wird gebraucht, denn der Spendeneingang wurde bis in die späten Abendstunden erwartet.
Unter den Hilfswilligen sind mit Amadou aus Guinea, Samim aus Afghanistan und Özatd aus der Türkei drei junge Männer, die selbst aus ihrer Heimat flüchten mussten und bisher die Betreuung der Flüchtlingshilfe in Anspruch genommen haben. „Wir wollen jetzt auch helfen“, sagen die Jungs und packen mit an.
Bisher sind es schon 20 Flüchtlinge, die in Sprockhövel privat untergekommen sind, und die Stadt ist derzeit bemüht, weitere Stellen zu finden, wo die Menschen aus der Ukraine Unterschlupf finden können. Überwiegend handelt es sich bei ihnen um Frauen und Kinder, denn die Männer im wehrfähigen Alter müssen zur Verteidigung ihrer Heimat im Lande bleiben. Auch wenn Frauen und Kinder Aufnahme finden, kann ihnen niemand die Sorge um Ehemänner, Väter, Söhne und Brüder nehmen.