Wer schnelles Internet will, guckt immer öfter in die Röhre
Weil das Netz ausgelastet ist, will die Bürgergemeinschaft nun über die Politik eine Initiative zum Ausbau starten.
Herzkamp. Schnelles Internet (DSL) gilt heute für viele als selbstverständliches Versorgungsgut wie Strom und Wasser. Die Bundesregierung hat den Telefon-Anbietern den Ausbau des Breitbandnetzes auf die Agenda geschrieben.
Dass es in der Realität aber in weniger dicht besiedelten Gebieten oft anderes aussieht, hat die Bürgergemeinschaft Herzkamp jetzt für Herzkamp und Schee nachgewiesen. Ihr Ziel: Für diesen Bereich einen Ausbau des Netzes zu erreichen. In ihrem Bemühen will sie künftig mit der Initiative "Das-Hügelland-will DSL" zusammenarbeiten.
78 von rund 750 angeschriebenen Haushalten in Herzkamp und Schee haben den Fragebogen der Bürgergemeinschaft Herzkamp zum Thema schnelles Internet (DSL) beantwortet. 24- vor allem in Schee - können bei Übertragungsraten unter 1000 Bit pro Sekunde gar kein DSL bekommen, die übrigen bleiben weit unter der laut Vertrag mit ihrem Telefonanbieter zugesicherten Takt-Rate von 2 bis 16 M-Bit/s.
Auf den ersten Blick klingt das Ergebnis nicht dramatisch, einem Großteil reicht offenbar das bisherige Angebot aus. Für Holger Wanzke von der Bürgergemeinschaft ist es dennoch Beleg dafür, dass schnelles Internet in Herzkamp bereits ein Problem ist und zunehmend eines werden wird.
"Es gibt schon erste Immobilienbesitzer die Sorgen haben, Häuser und Wohnungen überhaupt loszuwerden", sagt er. Für junge Menschen, die hierhin ziehen wollten, sei DSL ebenso wie für Gewerbetreibende ein absoluter Standortfaktor. Dabei räumt auch die Telekom ein, dass die Kapazität des Netzes in Herzkamp, das offiziell als mit DSL versorgt gilt, begrenzt ist.
Der Grund ist klar. Vom nächsten Übergabepunkt aus dem Glasfasernetz - in diesem Fall in der Müggenburg in Wuppertal - werden die hochfrequenten DSL-Signale auf die Kupfer-Telefonleitung aufgeschaltet. Je größer die Entfernung zum Haushalt, desto größer aber der Widerstand. Insbesondere wenn in Spitzenzeiten viele Menschen im Internet sind, sinkt die Datenübertragungsrate kräftig.
Dadurch, dass durch Neubaumaßnahmen in den vergangenen Jahren das Telefonnetz immer stärker belastet wurde, leiden Geschwindigkeit und Kapazität weiter. IT-Experte Dirk Röhrig, der die Bürgergemeinschaft im Kampf für einen Netzausbau begleitet: "Es kann sein, dass für eine Wohnung, in der der bisherige Mieter einen DSL-Vertrag hat, ein Nachmieter keinen neuen bekommt. Auch der Wunsch nach einer Erhöhung von Takt-Raten ist nicht mehr zu erfüllen."
Die Telekom als Netzbetreiber argumentiere stets, dass ein Netzausbau gemessen an der Zahl der Haushalte nicht wirtschaftlich sei. Die unterirdische Neuverlegung von einem Kilometer Glasfaserleitung soll 80000 Euro kosten. Stattdessen werden Kunden auf Alternativen wie DSL via Satellit verwiesen, die aber teurer und nach Expertenangaben kaum praktikabel sind. Von Unternehmen wie etwa Wicke, lässt sich die Telekom leistungsfähige Standleitungen, die über freie Telefonadern laufen, gut bezahlen.
Die Bürgergemeinschaft Herzkamp will deshalb jetzt über die Politik eine Initiative zum Ausbau des Netzes starten, wie das die Nachbarn von "Hügelland-will-DSL" in Hattingen bereits versuchen. Sie hoffen auf ein EU-Förderprogramm, das zum Ausbau des Breitbandnetzes 80 Prozent Zuschüsse gewährt.
Nur: Die Stadt müsste dazu erst ein Gutachten in Auftrag geben, um technische Voraussetzungen und Kosten genau zu ermitteln und eine Ausschreibung für alle Telekommmunikationsunternehmen machen zu können. "An diesem Punkt hängen wir derzeit, denn mit Verweis auf das Nothaushaltsrechts lehnt die Bürgermeisterin die Übernahme der Kosten von 6000 bis 8000 Euro ab - eine Frechheit", sagt Thorsten Meier von Hügelland will DSL. Die Zeit dränge, denn das EU-Förderprogramm laufe Ende des Jahres aus.
Um eventuell auch noch auf diesen Zug aufspringen zu können, will die Bürgergemeinschaft gleich nach der Sommerpause das Thema über den Lenkungskreis Herzkamp in Sprockhövels politische Gremien bringen.