Westernreiten: Im Sattel wie ein Cowboy
Auf dem Hof Sirrenberg lernen Pferdeliebhaber besondere Reit-Techniken. Das Einstiegsalter spielt dabei überhaupt keine Rolle.
Reiterhöfe haben stets ein besonderes Flair: Umgeben von grünen Wiesen, Feldern oder Wäldern liegen sie, beherbergen Pferde, Rinder und manchmal auch weiteres Hofgetier. Die Beschäftigungsvarianten sind - nicht nur für junge Menschen - vielfältig: Entspannen, Tierbetreuung, Stallarbeiten bieten sich an. Meist steht allerdings doch das Reiten im Vordergrund.
Zahlreiche Pferdehöfe gibt es in Sprockhövel. Wenn es allerdings um Quarter Horses, um Cutting, Working Cowhorse und Teampenning geht, muss es schon eine bestimmte Adresse sein: die Sirrenberg-Ranch am Obersohler Weg. Dort ist zwar viel Platz für Pferdeliebhaber, aber eben und insbesondere auch für diejenigen, die ihren Schwerpunkt etwas anders gelegt haben: auf das Westernreiten.
Auf dem sechs Hektar großen Gelände von Wolfgang Trilling und seiner Partnerin Alexandra Mohr können sich Western-Fans so richtig austoben, mit eigens für den Sport gezüchteten und ausgebildeten Pferden, mit Weste, silberverzierter Trense, Cowboyhut und allem, was sonst noch dazu gehört.
Die Ausstattung - mit Ausnahme der Kleidung - für alle Bereiche des Westernsport-Angebots halten die Inhaber der Sirrenberg-Ranch für ihre Kunden bereit. Beispielsweise stehen dort neben den Pferden auch Rinder zur Verfügung, mit denen erfahrene Reiter ihre ersten Figuren und längeren Abläufe üben können. Neueinsteiger versuchen sich allerdings lieber erst an der "Cutting"-Maschine, welche die Bewegungen eines echten Rindes imitiert.
"Cutting" (wörtlich schneiden), erklärt Wolfgang Trilling, ist eine Variante des Westernreitens. Dabei muss der Reiter vom Pferderücken aus ein Rind aus einer ganzen Herde heraus lösen. Ist ihm das gelungen, besteht die zweite Aufgabe darin, das isolierte Tier daran zu hindern, zu seinen Artgenossen zurückzukehren. Innerhalb von zweieinhalb Minuten muss der Reiter die Fähigkeiten seines Pferds am Rind zeigen.
"Das ist nicht einfach", bekennt Trilling. Er selbst ist schon 1978 in den Pferdesport eingestiegen und hat mit den Jahren zahlreiche Preise auf Westernreit-Turnieren über die Region hinaus gewonnen. Drei Jahre dauert die Pferdeausbildung, um Cutting praktizieren zu können. Der Reiter braucht laut Trilling sogar zehn Jahre Erfahrung, um besonnen und geschickt mit dem Pferd umzugehen und es nach seinem Willen zu lenken.
Für die klassischeren Reit-Angebote ist Alexandra Mohr zuständig. Zwar hat auch die 34-Jährige ihren Schwerpunkt im Verlauf ihrer Jugend auf das Westernreiten gelegt. Begonnen hat sie aber zehnjährig mit Englisch Reiten. An den Umgang mit Ponys und Pferden ist sie daher gewöhnt. Ranch-Besucher können bei ihr ganz neu einsteigen, auf Tuchfühlung mit dem Pferd gehen, unter Aufsicht und Anleitung traben, sich aber auch bis zur Turnierreife vorarbeiten.
Vorwissen sei nicht notwendig, auch das Alter spiele keine Rolle, sagt Mohr: "Wir haben hier alles, vom Kleinkind bis zum Senior. Unsere älteste Reitschülerin ist knapp 70 Jahre alt. Ihre Tochter hat sie irgendwann mitgebracht, seitdem reitet sie bei uns - trotz Arthrose und Rheuma." Eine von Mohrs Spezialitäten ist es, Neulingen die Furcht vor den großen Tieren zu nehmen, wie sie schildert: "Nach ein paar Wochen ist die Angst verflogen. Das freut mich immer wieder."
Die Pferde passen sich ihren Reitern an, sind geschult und zutraulich. "Quarter Horses sind extrem nervenstark", sagt Mohr. Die meisten Schüler kommen einmal pro Woche, für Turnierreiten allerdings brauche es schon intensivere Trainingsphasen. Für die ganz Kleinen gebe es Ponys - eines davon ist eine Art Urgestein und bereits 32 Jahre alt. Laut Mohr ist das für ein Pony ein Rekord. "Das sind sicher 100 Menschenjahre", vermutet Mohr. Zerzaust, aber friedlich steht es in seiner Box im Stall - von dem es zwei Varianten gibt:
Im einen stehen die Schul- und Zuchtpferde, im anderen die sogenannten Pensionäre: Pferde, die nicht mehr geritten werden, sondern ihren Lebensabend auf der Ranch genießen und von ihren Besitzern regelmäßig besucht werden. Weil der Stall luftig gebaut ist, kann sich dort nur wenig Staub ansammeln, weswegen er auch "Allergiker-Stall" genannt wird. Das Wohl der Tiere steht auf der Ranch immer an erster Stelle.
Zwei weitere Bestandteile des hofeigenen Gesundheitssystems: ein eigens eingerichteter Pferde-Untersuchungsraum, in dem der Tierarzt sich regelmäßig von dem guten Befinden der Tiere überzeugt, und ein Solarium. Nicht etwa für die menschlichen, sondern für die tierischen Ranchbewohner. Starke UV-Strahlung lässt nicht nur feuchtes Fell schneller trocknen, sondern entspannt auch die von der Bewegung beanspruchte Muskulatur.
Übrigens ziehen nicht immer nur die Pferde die Aufmerksamkeit der Ranchbesucher auf sich: Mit den Pferden und Rindern bewohnen noch um einiges kleinere Gestalten die Ställe: Ziegen. Eine der rund zwei Dutzend bärtigen Zeitgenossen ist eine Walliser Schwarzhalsziege. "Das ist meine besondere Leidenschaft", sagt Mohr. Noch dazu sei die Art vom Aussterben bedroht. Möglich, dass die Ziegen ihren Aufenthalt auf der Sirrenberg-Ranch deshalb ganz besonders genießen.