Kabinettsbeschluss in NRW Unerfüllter Kinderwunsch: Paare in NRW bekommen finanzielle Hilfe

Düsseldorf · Ab Ende August können Paare beim Land Unterstützung für die Behandlung beantragen. 3,7 Millionen Euro sind bereitgestellt.

 Ein Monitor zeigt in einem Kinderwunschzentrum eine Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Bei der Behandlung wird einer Eizelle ein Spermium injiziert.

Ein Monitor zeigt in einem Kinderwunschzentrum eine Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Bei der Behandlung wird einer Eizelle ein Spermium injiziert.

Foto: picture alliance/dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Die Landesregierung erkenne an, „dass Paare mit unerfülltem Kinderwunsch einer besonderen Belastung unterliegen“. Mit diesen Worten leitete Familienminister Joachim Stamp (FDP) nach einer Sitzung des Landeskabinetts am Dienstagnachmittag die Ankündigung einer finanziellen Unterstützung bei der Behandlung an. Für dieses Jahr stehen dafür 3,7 Millionen Euro zur Verfügung. Im kommenden Jahr werde der Haushaltsansatz noch einmal erhöht, stellte der Minister in Aussicht.

Seit der Gesundheitsreform 2004 übernehmen die Krankenkassen bei verheirateten Paaren in einem bestimmten Altersrahmen die Hälfte der Kosten für Maßnahmen der Reproduktionsmedizin. Die andere Hälfte muss von den Betroffenen selbst getragen werden. Unverheiratete Paare, die gesetzlich versichert sind, erhalten überhaupt keinen Zuschuss.

NRW nimmt damit erstmals am Bundesprogramm teil

Zwar gibt es für den privat zu tragenden Anteil schon länger ein „Bundesprogramm zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion“, aber es ist an die Bedingung gekoppelt, dass sich das jeweilige Bundesland mit einem Zuschuss in mindestens gleicher Höhe beteiligt. Das war in NRW im Gegensatz zu acht anderen Bundesländern bisher nicht der Fall – und soll sich durch den Kabinettsbeschluss jetzt schnell ändern.

Bereits ab Ende August sind Onlineanträge auf Förderung möglich. NRW übernimmt zusammen mit dem Bund dann bei verheirateten Paaren für die ersten vier Behandlungsversuche die Hälfte des Eigenanteils nach Abzug der Kassenleistung. Bedingung ist, dass Die Paare in NRW ihren Hauptwohnsitz haben und sich auch hier der Behandlung unterziehen.

Auch unverheiratete Paare können einen Zuschuss beantragen, „wenn sie in einer verfestigten, nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben“, wie Stamp sagte. Die Klärung, ob es sich um eine solche Beziehung handele, erfolge in der Regel im Gespräch mit dem Reproduktionsmediziner, hieß es. Diese Paare erhalten von Bund und Land zusammen dann für die ersten drei Versuche 25 Prozent und beim vierten Versuch bis zu 50 Prozent ihres Eigenanteils.

Behandlungskosten zwischen 2500 und 5000 Euro

Weil unverheiratete Paare bei den Krankenkassen leer ausgehen, werden sie über den Bund-Land-Anteil hinaus von NRW künftig noch mit einer zusätzlichen Pauschale von maximal 270 Euro für jeden der ersten drei Versuche unterstützt. Eine In-vitro-Behandlung kostet laut Minister zwischen 2500 und 4000 Euro, eine Spermieninjektion zwischen 3000 und 5000 Euro.

Informationen zu den Fördervoraussetzungen finden sich schon jetzt auf der Internetseite des Ministeriums. Dort kann ab 30. August auch der Förderantrag heruntergeladen werden. Die Bewilligung liegt zentral in den Händen der Bezirksregierung Münster. Die Bearbeitung werde „zügig“ erfolgen, versprach Stamp. In diesem Jahr stehen dafür acht Planstellen zur Verfügung, ab nächstem Jahr soll es weiteres Personal geben.

„Wir gehen von etwa 4500 Paaren aus, die einen Antrag stellen“, sagte Stamp. Die Zahl beruhe auf Erfahrungen anderer Länder und entsprechenden Hochrechnungen. Das Familienministerium rechne insgesamt mit 11 000 Anträgen jährlich, wobei jedes Paar bis zu vier Anträge stellen könne. „Der Bund spricht davon, dass etwa jedes zehnte Paar von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen ist.“

Der Beschluss der Landesregierung geht auf einen Antrag der Regierungsfraktionen vom Ende vergangenen Jahres zurück. Er hatte in der letzten Plenarsitzung vor der Weihnachtspause breite Zustimmung auch von SPD und Grünen erhalten. Nur die AfD enthielt sich.

In der damaligen Debatte war darauf hingewiesen worden, dass die Zahl der Kinderwunschbehandlungen nach der Gesundheitsreform 2004 und der Einführung des hälftigen Eigenanteils um 50 Prozent zurückgegangen sei. Gleichzeitig steige das durchschnittliche Alter, in dem Frauen das erste Kind gebären. Höheres Alter erschwere aber eine Schwangerschaft.

(ots)