Liebfrauenschule Mülhausen Mülhausen: „Die Liebfrauenschule wird weiterentwickelt“

Mülhausen · Lothar Josten geht als Leiter der Mülhausener Liebfrauenschule in den Ruhestand. Zeit für ein persönliches Interview mit WZ-Redaktionsleiter Tobias Klingen, der vor 19 Jahren das Abitur-Zeugnis von Josten überreicht bekommen hat.

Lothar Josten vor dem Altbau der Liebfrauenschule - zum Zeitpunkt des Interviews erholte er sich gerade von einer Schulterverletzung.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Als Lothar Josten 1999 Schulleiter der Liebfrauenschule in Mülhausen wurde, hatte das Gymnasium auf dem Gelände noch zwei öffentliche Telefone. 2019, wenn Josten nach 20 Jahren im Amt in den Ruhestand gehen wird, braucht die Schule diese Telefone schon seit längerem nicht mehr. Ein Smartphone befindet sich inzwischen in nahezu jedem Schultornister. Dies ist eine Erkenntnis eines besonderen Abschieds-Interviews. Denn der Autor dieses Textes gehörte im Jahr 2000 zum ersten Abitur-Jahrgang, den Josten von Mülhausen aus in die „Welt da draußen“ verabschieden durfte.

Herr Josten, in den vergangenen 20 Jahren haben Sie wohl mehr als 2000 Schülerinnen und Schülern zum Abitur gratuliert. Ist diese Aufgabe für Sie immer noch etwas Besonderes?

Josten: Ja, diese Aufgabe ist eigentlich die schönste in der Funktion als Schulleiter. Auf unserer Bühne im PZ treten mir dann junge Menschen gegenüber, die wohl erstmals etwas Großes in ihrem Leben erreicht haben. Die einen sind total nervös, andere freuen sich einfach riesig. Wiederum andere wirken sehr cool. Das zu beobachten und so oft zu gratulieren, macht mir viel Freude.

Wissen Sie denn noch, was Sie gedacht haben, als ich am 24. Juni 2000 vor Ihnen stand?

Josten: Nein, auch wenn Sie meinem ersten Abitur-Jahrgang in Mülhausen angehörten, kann ich mich daran nicht mehr erinnern. Sie denn?

Nein, seither ist eben eine Menge passiert. Sicherlich auch im Alltag der Liebfrauenschule. Wie hat sich die Schule in den vergangenen 20 Jahren verändert?

Josten: Also, die wichtigste Veränderung in diesen 20 Jahren ist ohne Frage der Trägerwechsel im Jahr 2017. Es war schon zu Beginn meiner Amtszeit so, dass der Orden der Schwestern Unserer Lieben Frau Signale sendete, die Trägerschaft nicht mehr länger übernehmen zu können. Und dass es bis 2017 gedauert hat, einen neuen Träger zu finden, zeigt, wie schwierig dieser Prozess war. Nun sind wir alle froh, in der „Dernbacher Gruppe Katharina Kasper“ einen Träger zu haben, der die christlichen Werte dieser Schule erhalten wird.

Welche Auswirkungen hatte der Trägerwechsel auf die Liebfrauenschule, auf Schüler und Lehrer?

Josten: Ob die Schüler in ihrem Alltag eine Veränderung gespürt haben oder spüren, kann ich gar nicht beurteilen. Das dürfte sich in Grenzen halten. Eine auffällige Änderung ist sicher, dass gar keine Ordensschwestern mehr im Schuldienst sind. Nur noch in der Verwaltung. Aber dieser Wandel hatte sich schon weit vor dem Trägerwechsel abgezeichnet. Meine sehr positive Wahrnehmung in der Zusammenarbeit mit der Dernbacher Gruppe ist der Fakt, dass der Träger diesen bedeutenden Schulstandort im Kreis Viersen und darüber hinaus immer weiter entwickeln will.

Was haben Sie in Ihrer Arbeit noch als einschneidend empfunden?

Josten: Das war sicher der Wechsel von G9 auf G8 und jetzt wieder zurück. Die Verkürzung der Zeit bis zum Abitur hatte massive Auswirkungen für das Kollegium, aber vor allem für die Schülerinnen und Schüler. Nun geht es wieder zurück. Das ist ebenfalls wieder ein spannender Prozess.

Ist die Rückkehr zu G9 denn der richtige Weg?

Josten: Ich denke schon, dass es die richtige Entscheidung ist. Dann muss es aber auch dabei bleiben. Die Bildung an den Schulen darf nicht ständig auf dem Spielfeld der Politik verändert werden.

Bleiben wir noch einen Moment bei Veränderungen. Wie haben sich denn die Schüler in den vergangenen 20 Jahren verändert?

Josten: Das ist schwer zu sagen. Alles hat eben seine Zeit. Und in der einen zeitlichen Phase sind auch Jugendliche womöglich anders als in der anderen. Im Moment imponiert mir das Engagement der jungen Menschen rund um die „Fridays for Future“-Aktionen. So sind Fragen rund um den Klimaschutz zu einem wichtigen Bestandteil des Unterrichts geworden. Diese Fragen wurden auch schon vor 20 Jahren behandelt, aber nicht so intensiv.

Was schätzen Sie an „Ihrer“ Schule?

Josten: Ich schätze vor allem die hohe Eigenverantwortung im Kollegium, aber auch unter den Schülerinnen und Schülern. Es herrscht bei allen Beteiligten ein großes Engagement, dieser Schule ein Profil zu geben. Ebenso gilt mein Dank dem Verein Pro Schola, der sich gleich zu Beginn meiner Zeit in Mülhausen gegründet hat. Dank der Hilfe von Pro Schola, Förderverein und Träger ist es uns immer wieder gelungen, uns auf die neuen Herausforderungen einzustellen. Die finanzielle Unterstützung ist zum Beispiel bei technischen Anschaffungen unerlässlich.

Wie beurteilen Sie denn den technischen Wandel in der Schule im Rahmen der Digitalisierung?

Josten: Der Wandel und die technischen Möglichkeiten sind einfach erforderlich. Die Digitalisierung verändert Gesellschaft und damit auch Schule. Wir sind mit unserer Ausstattung sehr gut aufgestellt. Ich sehe die digitalen Möglichkeiten aber immer nur als eine wichtige Ergänzung zum Lernen mit dem Lehrer.

Nun stehen Sie wenige Tage vor dem Ruhestand. Haben Sie sich schon darauf eingestellt, dass Sie nach den Ferien nicht wieder aus Ihrem Wohnort Krefeld nach Mülhausen fahren werden?

Josten: Ich habe mich nicht wirklich vorbereitet. Schließlich habe ich hier bis zum letzten Tag eine Verantwortung. Was dann kommt, plane ich nicht wirklich. Ich freue mich auf mehr Zeit mit der Familie. Ich werde sicher mal häufiger ins Theater gehen, noch mehr lesen, aber auch reisen. Und fest steht auch, dass ich künftig nicht mehr gegen meinen eigenen Bio-Rhythmus leben muss. Ich kann also ein bisschen länger schlafen.

Danke, dass wir uns zu Ihrem Abschied etwas länger unterhalten konnten als damals vor 19 Jahren auf der PZ-Bühne. Alles Gute für die Zukunft.

Josten: Kein Problem. Danke gleichfalls.