Pendler-Boom Zahl der Berufspendler in NRW klettert auf Rekordhöhe
Düsseldorf · Vor allem die Rheinmetropolen Köln und Düsseldorf müssen große Pendlerströme verkraften, Zuwachs melden aber auch andere Kommunen. Die IG Bau fordert bezahlbaren Wohnraum in den Städten.
In vielen Städten und Hochschul-Standorten in Nordrhein-Westfalen hat die Zahl der Berufspendler im vergangenen Jahr eine Rekordhöhe erreicht. Das geht aus einer Auswertung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR/Bonn) hervor, die die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) am Dienstag vorgelegt hat. Als Datenbasis der Studie dient der Pendleratlas der Bundesagentur für Arbeit, der Wohn- und Arbeitsorte aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auflistet.
Vor allem die Rheinmetropolen Köln und Düsseldorf müssen demnach große Pendlerströme verkraften. Aber auch die Ruhrgebietsstädte Essen und Dortmund sowie die Uni-Standorte Aachen und Münster ziehen so viele Berufspendler an wie noch nie.
Allein in Köln seien 2018 täglich rund 276.000 Menschen regelmäßig zum Arbeiten in die Stadt gefahren, 36 Prozent mehr als noch im Jahr 2000, so die IG Bau. In Düsseldorf kletterte die Zahl der Berufspendler im gleichen Zeitraum um 29 Prozent auf etwa 260.000. Essen meldet einen Zuwachs um 33 Prozent auf etwa 126.000, Aachen um 34 Prozent auf rund 117.000.
Noch kräftiger fiel der Zuwachs in Dortmund und Münster aus. In der Ruhrgebietsstadt erhöhte sich die Zahl der Berufspendler um 44 Prozent auf rund 108.000, in der westfälischen Uni-Metropole um 41 Prozent auf rund 82.000.
Die Gewerkschafterin Doris Jetten spricht von einem „alarmierenden Trend“. Eine Hauptursache für den Pendler-Boom sei der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in den Ballungsräumen. „Eine wachsende Zahl von Menschen kann sich die hohen Mieten und Immobilienpreise gerade dort nicht mehr leisten, wo in den letzten Jahren besonders viele Jobs entstanden sind“, sagt die Bezirksvorsitzende der IG Bau Düsseldorf. Die Folge seien längere Staus sowie überfüllte Züge und Bahnen. Um Abhilfe zu schaffen, müssten die Investitionen in bezahlbaren Wohnraum und in die Verkehrsinfrastruktur deutlich erhöht werden, fordert die Gewerkschaft.
Sozialwohnungen: Angebot in NRW drastisch gesunken
Während der Bedarf an preiswerten Wohnungen in den Ballungsräumen wächst, fällt das Angebot. Die Zahl der Sozialwohnungen in NRW hat sich seit 1979 um mehr als 70 Prozent auf 457.000 Ende 2018 reduziert. Nach Angaben der landeseigenen NRW-Bank fallen bis 2027 etwa 131.000 Wohnungen aus der Sozialbindung, weil die Eigentümer die öffentlichen Darlehen angesichts niedriger Zinsen vorzeitig zurückzahlen. Hinzu kommen weitere 39.000 Wohnungen, deren Sozialbindung planmäßig ausläuft. Fällt diese Bindung weg, können die Eigentümer höhere Mieten nehmen. Die Mieten öffentlich geförderter Wohnungen in NRW liegen derzeit mit 5,20 Euro pro Quadratmeter deutlich unter den Marktpreisen.
Um die Verluste aus dem Bestand auszugleichen, müssten laut NRW-Bank pro Jahr etwa 13.000 Wohnungen mit Fördermitteln neu gebaut oder modernisiert werden. Diese Zahl wurde in den vergangenen Jahren allerdings deutlich verfehlt.