Raser, Pedelecs und Co. Verkehrsunfälle in NRW: Weniger Opfer, aber mehr Rücksichtslosigkeit
DÜSSELDORF · NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) stellt die Verkehrsunfallstatistik für 2021 vor – Problembereiche: Raser, Pedelecs und E-Scooter.
Als NRW-Innenminister Herbert Reul am Montag die Verkehrsunfallstatistik für das Land im Jahr 2021 vorstellt, da fasst er sie in zwei Botschaften zusammen. Die gute Nachricht des CDU-Politikers: Noch nie gab es auf den Straßen des Landes weniger Tote und Schwerverletzte wie im vergangenen Jahr. Die schlechte Nachricht: die Verkehrsteilnehmer werden verantwortungsloser. Das gelte für betrunkene E-Scooter-Fahrer, für Pedelec-Fahrer, die sich leichtsinnig ohne Fahrtraining aufs Fahrrad schwingen. Und für Menschen, die unter Drogen Auto fahren oder sich ein illegales Autorennen liefern.
Die Zahlen
Insgesamt ereigneten sich 580.907 Unfälle, das ist ein Plus von 4,3 Prozent im Vergleich zu 2020. Dabei starben 425 Menschen, 1,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Auch die Zahl der Schwerverletzten sank um 2,2 Prozent auf 11 872. Es wurden 55 033 Menschen leicht verletzt (plus 0,8 Prozent). Reul vermutet, dass die Autoassistenzsysteme (Spurhaltung, Abstandsassistent) ihre positive Wirkung zeigen.
Drogen
„Noch nie starben mehr Menschen, weil sich jemand im Drogenrausch hinters Steuer gesetzt hat“, sagt Reul. Elf Menschen hätten deshalb 2021 ihr Leben verloren – fünf mehr als 2020. Gemeint sind damit sowohl die Fahrer selbst als auch diejenigen, die ihnen als Unfallbeteiligte zum Opfer gefallen sind.
Insgesamt 20 210 Autofahrer hat die Polizei im vergangenen Jahr aus dem Verkehr gezogen, die unter Drogen standen. Das sei ein Plus von 23,8 Prozent bzw. 3886 Verstößen. Dennoch gab es weniger Unfälle, bei denen Drogen die Ursache waren. Insgesamt 486 zählte die Polizei – ein Minus von 20 Unfällen. Das Minus bei den Unfällen bei gleichzeitig mehr festgestellten Fällen von Fahrten unter Drogen führt Reul auf den erhöhten Kontrolldruck durch die Polizei zurück.
Reul wünscht sich in dem Zusammenhang, dass in der Debatte über die Legalisierung von Cannabis „hin und wieder auch der Verkehr mit bedacht wird“. Komme die Legalisierung, dann steige der Konsum, ist sich Reul sicher. Das werde zu mehr Unfalltoten führen, weil die Substanz THC die Reaktionszeit und Fahrtüchtigkeit stark einschränke. Hinzu komme, dass Kontrollen auf Cannabiskonsum die Polizei zeitlich stärker belaste – Zeit, die an anderer Stelle fehle.
Handy am Steuer
Auch die Nutzung des Smartphone während der Fahrt sei trotz vorhandener Freisprechanlagen weiterhin ein Riesenproblem, sagt Reul. 2021 habe die Polizei knapp 158 000 Verstöße festgestellt, 17 Prozent mehr als 2020.
Illegale Autorennen
2021 zählte die Polizei 2037 illegale Autorennen; ein Drittel mehr als 2020. Auch die Unfallzahlen stiegen: 2021 gab es 384 Unfälle wegen eines Autorennens, 119 mehr als im Jahr zuvor. Die Schwerpunkte der Raser-Szene sind laut Reul Dortmund, Düsseldorf und Essen, die typischen Täter seien Männer zwischen 17 und 26 Jahren. Darunter fallen auch Einzelraser. Die Polizei werde Raser weiter bekämpfen, sagt Reul. „Die Straße ist keine Rennstrecke und wer meint, da Rennen abzuhalten, den ziehen wir raus, das ist kein Spaß, sondern brutalste Verantwortungslosigkeit.“ Das Leben auch Unbeteiligter werde aufs Spiel gesetzt. Reul warnt: „Rasen führt ins Krankenhaus, auf den Friedhof oder ins Gefängnis.“
Pedelec
Mit Pedelecs (motorunterstützte Fahrräder) verunglückten im vergangenen Jahr 4758 Menschen (plus 22,1 Prozent). 32 Menschen starben bei einem Pedelec-Unfall, zwei mehr als im Vorjahr. Von diesen 32 Toten waren 24 über 65 Jahre alt. Reul dazu: „Wir haben sowohl ein generelles Pedelec-Problem, als auch ein besonders tödliches Pedelec-Problem bei älteren Menschen. „Ich kann hier nur meinen Appell wiederholen: Machen Sie bitte ein Fahrtraining!“ Mehr als die Hälfte der Kreispolizeibehörden in NRW böten ein solches an.
Befürwortet Reul eine Helmpflicht für Fahrer von Pedelecs? Da ist Reul skeptisch. Zwar sei der Kopf dann sicherer, das eigentliche Problem sei aber nicht gelöst, „das Leute da drauf steigen, die es nicht können“, die die Geschwindigkeit unterschätzen. Die Debatte um eine Helmpflicht müsse auf Bundesebene geführt werden.
E-Scooter
Bei den Elektrorollern zählte die Polizei 2021 insgesamt 1101 E-Scooter-Unfälle. Das sind 183,8 Prozent mehr als 2020. Keiner der Unfälle endete tödlich, aber 967 Menschen verletzten sich bei einem E-Scooter-Unfall. In jedem fünften Fall war Alkohol die Hauptunfallursache. Die meisten Verunglückten waren zwischen 16 und 28 Jahren alt.
Was tun?
Der Innenminister weist darauf hin, dass die Polizei bereits mit mehr Drogen-Kontrollen oder verstärkten Einsätzen gegen die Raser-Szene vorgegangen. Hinzu kämen präventive Programme. So habe die Polizei bereits für 170 000 Euro sogenannte Ablenkungs-Simulatoren angeschafft, mit denen man auf die jeweilige Zielgruppe zugehen will – zum Beispiel in einer Fußgängerzone auf die Nutzer von E-Scootern. Reul erklärt: „Da kann man erfahren, wie leicht man sich ablenken lässt und welche Strecke man zurücklegt, wenn man nur kurz eine Nachricht auf dem Handy liest.“