Vermisste Menschen Ein Ende für die Ungewissheit
Düsseldorf. · Wenn bei Hilke Engfer das Telefon klingelt, ist höchste Konzentration angesagt. Denn bei den Menschen, die sich melden, geht es häufig um Existenzielles. Zum Beispiel um die Frage, ob der seit Monaten vermisste Bruder die Überquerung des Meeres in einem Schlauchboot überlebt hat.
Oder darum, ob der eigene Vater an einem bestimmten Ort in Russland vor mehr als 75 Jahren tatsächlich gefallen ist. „Die Ungewissheit über den Verbleib eines Angehörigen lässt Menschen niemals los, er beschäftigt sie oft ein Leben lang“, sagt Engfer, die beim Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) arbeitet und in Reisholz ihr Büro hat.
Geschichte des Kontaktabbruchs wird rekonstruiert
Im Schnitt erhält der Dienst drei bis vier Anfragen in der Woche, erläuterte Engler anlässlich des internationalen Tags der Vermissten. Das Einzugsgebiet ihres Büros deckt große Teile des Regierungsbezirks Düsseldorf ab. „Wir laden Menschen zu uns ein, versuchen in einem geschützten Raum und möglichst in der Muttersprache beispielsweise die Geschichte eines Kontaktabbruchs zu rekonstruieren“, sagt die Wissenschaftlerin.
Für die eigentliche Suche übermitteln die Düsseldorfer die Daten an Fachabteilungen, wie es sie unter anderem in München gibt. „Die Recherche in internationalen Datenbanken ist komplex und anspruchsvoll, es macht Sinn, das an Experten zu übergeben“, sagt Hilde Heij, Leiterin des Suchdienstes im DRK-Landesverband Nordrhein.
Bundesweite Zahlen belegen, wie nachgefragt das vom Innenministerium geförderte DRK-Angebot, zu dem auch das Thema Familienzusammenführung gehört, ist. So gingen im vergangenen Jahr 2083 neue Anfragen nach Menschen ein, die durch Krieg, Flucht, Vertreibung oder Migration voneinander getrennt wurden, beim Suchdienst ein. Mehr als 10 000 Menschen meldeten sich, um mehr über die Schicksale der im Krieg vermissten Angehörigen zu erfahren. „Schon länger stehe ich in Kontakt zu einer Frau, die ein Buch über ihren Vater schreibt und gerne eine biografische Lücke schließen möchte“, sagt Engfer.
Anders als in den älteren Sammelbänden des Dienstes, in denen die Vermissten selbst gezeigt werden, sind heute – auch im Internet – die Suchenden zu sehen. „Das Thema ist hoch sensibel, Datenschutz spielt eine entscheidende Rolle“, sagt Engfer.