DEG vs. Haie Warum es jahrelang falsche Derby-Zahlen gab
Düsseldorf · Wenn die Düsseldorfer EG auf die Kölner Haie trifft, geht es auch immer ums große Ganze. Allerdings stimmte die seit Jahren kolportierte ewige Bilanz nicht. Ein DEG-Fan hat sie nun neu recherchiert und korrigiert.
Es war Ende September, da freuten sie sich bei der Düsseldorfer EG nicht nur über ihren Auswärtssieg bei den Kölner Haien. Gleichzeitig schauten sie schon auf das nächste Derby an diesem Sonntag. Denn da schien etwas möglich zu sein, was es seit Jahren nicht gab: Würde die DEG abermals gewinnen, hätte sie die ewige Bilanz ausgeglichen: Dann stünde es nach 241 Derbys 115:115 – hinzu kommen elf Unentschieden, die es in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) nicht mehr gibt.
An diesem Mittwoch nun haben DEG und Haie aber etwas verkündet. Die ewige Derby-Statistik war seit Jahren falsch berechnet worden. Es steht bereits Unentschieden, und zwar 114:114. „Kein Scherz, sondern das Ergebnis langer Recherchen und grundsätzlicher Diskussionen“, schreiben die Klubs, die aber nicht selbst auf die Idee kamen, die Zahlen mal genauer zu untersuchen. Das tat DEG-Fan und Hobby-Sporthistoriker Michael Heydekamp. Der hatte sich monatelang hingesetzt und alle möglichen Ergebnisse recherchiert. Und heraus kam eben, dass seit Jahren falsche Daten kursieren.
Mit Statistiken ist das im deutschen Eishockey ohnehin nicht so klar, wie es erscheint. Erinnert sei nur an die Diskussionen vor ein paar Jahren, als es verschiedene Angaben darüber gab, wie viele Scorerpunkte Daniel Kreutzer denn nun gesammelt hat. Und wie viele er noch zum ewigen DEL-Rekord benötigt. Irgendwann hatten sich Liga und DEG geeinigt, im Februar 2016 war Kreutzer offiziell Rekordhalter. Und auch kürzlich gab es wieder so einen Fall. Kölns Maximilian Kammerer hatte 16 Spiele in Folge gepunktet, da gab es Verwirrung darüber, wer den entsprechenden Rekord hält und wie weit Kammerer noch davon entfernt ist. Und wie das überhaupt gerechnet wird: Über die Sommerpause hinweg oder nur innerhalb einer Saison? Was dann aber doch nicht weiter wichtig war, weil Kammerers Serie Ende Oktober vorbei war.
Noch schwieriger wird es, wenn es wie bei den rheinischen Derbys auch um Statistiken aus der Bundesliga (1958 bis 1994) oder aus der Zeit davor geht. Videoaufnahmen gibt es kaum, man muss sich auf offizielle Spielberichte und Datenbanken verlassen. Und selbst diese Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass mancher Spieler früher bei den Schiedsrichten vorstellig wurde, weil er bei dem und dem Tor doch angeblich die zweite Vorlage gegeben hatte. Die konnte wertvoll sein, ohne Filmaufnahmen und große Scouting-Netzwerke wurden Spieler gern nach Statistiken verpflichtet oder bezahlt. Da konnten ein paar Punkte entscheidend sein.
Auch heute werden nicht selten falsche Vorlagengeber durchgesagt. Aber mittlerweile wird jedes Tor im so genannten Gamecenter im Ligabüro gecheckt und, wenn nötig, statistisch geändert. Seit Jahren kann man sich auf DEL-Daten verlassen – aber eben nicht auf die alten.
Entsprechend schwierig ist es bei der Derby-Bilanz. DEG-Fan Heydekamp war stutzig geworden, weil die DEG 2022 eine Liste veröffentlichte, die für ihn Ungereimtheiten aufwies. „Daraufhin habe ich mehrere Datenbanken verglichen und festgestellt, dass Vieles in der Liste der DEG nicht stimmt“, sagt Heydekamp im Gespräch mit unserer Zeitung. Es waren zum Beispiel zwei Spiele gegen den Kölner Eis-Klub (KEK) aufgeführt, den Verein, von dem sich die Haie 1972 abgespalten hatten, der in der Liste aber irreführend als „KEC“ bezeichnet wurde. Zwischen KEK und DEG hatte es zuvor allerdings mehr als nur zwei Spiele gegeben, warum wurden dann nur die beiden in die Liste aufgenommen? Sollten die KEK-Spiele da überhaupt rein? Was ist mit dem Pokalspiel von 2005, das bislang nicht berücksichtigt wurde. Und warum wurde das wegen des Passfälscherskandals offiziell mit 5:0 für die DEG gewertete Spiel 1980 offensichtlich bisher dem KEC zugerechnet?
Fragen gab es genug, bis sich alle Beteiligten nun auf folgende Regeln einigten: Es zählen nur Spiele zwischen DEG und KEC/Haie ab 1972 – und zwar alle Pflichtspiele. Also erstellte Heydekamp eine neue Liste aller Derbys, die nun deutlich anders aussieht als die, die jahrelang als richtig galt. Allerdings ist das Endergebnis kaum verändert, um gerade mal ein Spiel. „Das liegt natürlich daran, dass sich die Fehler zum Teil gegenseitig aufheben“, sagt Heydekamp. Trotzdem: Die Bilanz ist nun eine andere, es steht Unentschieden. Am Sonntag geht es also nicht nur um drei Punkte, sondern auch darum, wer in der ewigen Bilanz in Führung geht.