Nachverhandlung zur S 28 Das steht in der neuen S 28-Vereinbarung
Kreis Viersen · Bevor sie grünes Licht für die Westverlängerung der Regiobahn gibt, verlangte die Mönchengladbacher Politik Nachverhandlungen. Das Ergebnis.
(mrö) Sie haben sich nicht persönlich getroffen, sondern in einer Videoschalte: Felix Heinrichs (SPD), Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach, Andreas Coenen (CDU), Landrat des Kreises Viersen, Sabine Anemüller (SPD), Bürgermeisterin der Stadt Viersen und Christian Pakusch (CDU), Bürgermeister der Stadt Willich. Das gemeinsame Ziel der vier: ihre vor Wochen miteinander ausgehandelte und gemeinsam verfasste Absichtserklärung zur Westverlängerung der Regiobahn so zu verändern, dass sie auch tatsächlich verabschiedet werden kann – und das wohl wichtigste Infrastrukturprojekt für die Region endlich aufs Gleis gesetzt werden kann.
Die S28 soll – so wünschen es die Städte Willich und Viersen wie auch der Kreis – künftig die beiden Städte besser an die Landeshauptstadt Düsseldorf anbinden, im verlässlichen 20-Minuten-Takt, mit Haltepunkten in Willich-Neersen und Viersen. Die Trasse gibt’s schon, sie wurde nie entwidmet, müsste aber reaktiviert werden. Bislang scheiterte das stets am Einvernehmen mit der Stadt Mönchengladbach, über deren Stadtgebiet die Trasse nicht mal 2000 Meter weit führt.
Kritik an dem Entwurf des sogenannten Letter of Intent war aus der Mönchengladbacher Politik gekommen – und ein Arbeitsauftrag der Ampel-Kooperation im Gladbacher Rathaus an den Oberbürgermeister. Er müsse das Papier nachverhandeln, damit der Rat der Stadt Mönchengladbach seine Zustimmung geben kann. Die wichtigsten Punkte auf der Wunschliste der Mönchengladbacher:
– keine „bestmögliche Anbindung“ des Mönchengladbacher Flughafens an den Haltepunkt in Willich-Neersen (so stand’s im ursprünglichen Entwurf), sondern eine „optimale Anbindung“.
– Erhalt und Schutz der Donk – dort führt die Trasse über Gladbacher Gebiet – solle „planerische Leitlinie“ sein; „größtmöglicher Lärmschutz“ für die Anwohner sei zu gewährleisten.
– Die von der Stadt Mönchengladbach gewünschte Verlängerung der Linie S8 mit einem Haltepunkt an der Hochschule Niederrhein müsse „regional solidarisch“ finanziert werden.
Wie verkauft man ein Verhandlungsergebnis, das in Richtung Mönchengladbach signalisiert: Eure Forderungen wurden erhört – und gleichzeitig in Richtung Viersen und Willich signalisiert: An der getroffenen Vereinbarung hat sich für euch nichts zum Negativen geändert? Landrat Coenen verwendete dafür vor den Politikern im Viersener Kreisausschuss den Begriff der „leicht veränderten Vorlage“ und sagte zu den „leichten Veränderungen“: „Das sind alles Punkte, mit denen wir als Kreis Viersen und Stadt weiterhin sehr gut leben können.“ Er hoffe, dass auch „die Kollegen in Mönchengladbach“ damit sehr gut leben könnten und die Absichtserklärung Zustimmung erfahre.
Was hat sich verändert? Der neue Entwurf ist in vielen Punkten konkreter:
Lärmschutz
Insbesondere aus dem Bereich der Donk kam Kritik an der geplanten Verlängerung, aus Sorge vor Lärm. Die geänderte Fassung greift das auf: Das Interesse nach Lärmschutz für die Anwohner der Donk-Siedlung muss im Zuge des Planfeststellungsverfahrens zwingend eingearbeitet und detailliert nach aktuellen, rechtlich gültigen Standards geprüft werden, heißt es nun. Und: „Eine Nutzung der Trasse durch Fernverkehrszüge wird nicht beabsichtigt. Die Nutzung der Trasse durch Güterverkehrszüge wird ... definitiv ausgeschlossen.“
Landschaftspflege
Eine Sorge in Gladbach: dass dort für die S28-Trasse tausende Bäume gefällt werden müssen. In der Vereinbarung heißt es nun neu: „Eingriffe in die betroffenen Landschaftsräume entlang der Strecke sind selbstverständlich auf das unbedingt erforderliche Maß zu begrenzen.“ Und: Es soll einen „landschaftspflegerischen Begleitplan“ geben, ebenso sollen im Rahmen des Verfahrens auch natur- und artenschutzfachliche Gutachten in Auftrag gegeben werden.
Flughafen-Anbindung
Die Formulierung der „bestmöglichen“ Anbindung des Flughafens hat Einzug in die angepasste Erklärung gefunden; zugleich wird aber eine geänderte Trassenführung ausgeschlossen. Stattdessen heißt es, die „bestmögliche Anbindung“ solle durch eine leistungsfähige ÖPNV-Anbindung vom Bahnhof in Willich-Neersen sichergestellt werden.
S8-Kosten
Bereits in der ursprünglichen Fassung stand, dass „etwaige betriebliche Mehrkosten aus der Realisierung der ... Projekte am Niederrhein im Sinne des regionalen Mehrwerts solidarisch mitzutragen“ seien. Dies wird nun ergänzt, dass dafür vorrangig „Regionalisierungsmittel“ eingeworben werden sollen. Dabei handelt es sich um Gelder aus der Mineralölsteuer, die die Länder zur Förderung des Schienenpersonennahverkehrs verteilen.
Viersener Kurve
Die geplante Schienenverbindung zwischen den Strecken nach Venlo und nach Krefeld durch Viersen-Rahser ist für das Bundesverkehrsministerium Voraussetzung für einen zweigleisigen Ausbau der Strecke zwischen Viersen-Dülken und Nettetal-Kaldenkirchen. Stadt und Kreis Viersen lehnen die Viersener Kurve ab. In der ursprünglichen Fassung der Vereinbarung gab es einen Passus, dass alle Unterzeichner – also auch die Städte Mönchengladbach und Willich – die Viersener Kurve ablehnen. Dieser Absatz fehlt in dem neuen Entwurf.
Im Viersener Kreisausschuss kam der neue Entwurf sehr gut an. Die Mitglieder empfahlen dem Kreistag einstimmig, der Vereinbarung bei der nächsten Sitzung am 24. Juni zuzustimmen.