Ausbildungsmarkt Kreis Viersen Mehr Azubi-Stellen als Bewerber
Kreis Viersen · Erstmals seit Jahrzehnten gibt es auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Viersen mehr Stellen als Bewerber. 418 Stellen waren Ende September noch unbesetzt. Ein Handwerk leidet massiv unter Nachwuchsproblemen.
Bei der Agentur für Arbeit Krefeld und Kreis Viersen haben in diesem Jahr 3197 Bewerber bei der Berufsberatung nach einer Ausbildungsstelle nachgefragt – 358 weniger als im Vorjahr, das ist ein Rückgang von 10,1 Prozent. Rein rechnerisch gab es im Gesamtbezirk über das Ausbildungsjahr gesehen erstmals seit Jahrzehnten ein Überangebot an Stellen: 100 Bewerbern standen 108 Ausbildungsangebote offen, im Jahr zuvor kamen auf 100 Bewerber 99 Stellen, 2019 waren es 95 Stellen.
„Die stabilen Stellenmeldungen der Arbeitgeber – selbst in einem stark von der Pandemie geprägten Jahr – zeigen die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes in der Region in seiner gesamten Bandbreite“, sagt Bettina Rademacher-Bensing, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld.
Den 3197 Bewerbern standen nach Angaben der Agentur für Arbeit 3459 erfasste Ausbildungsstellen gegenüber. Dies sei – gegenüber dem Vorjahr – ein um 44 Stellen (minus 1,3 Prozent) leicht verringertes Angebot auf stabilem Niveau. Allein auf den Kreis Viersen bezogen, standen diesmal 100 Bewerbern 117 Stellen gegenüber; im Vorjahr war das Verhältnis 1:1.
Corona sorgt für Unsicherheit
bei allen Beteiligten
Wie bereits 2020 war der Ausbildungsmarkt bedingt durch die Corona-Pandemie geprägt von eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten und Unsicherheit bei allen Beteiligten. Gemeinsam betonen deshalb die Vertreter der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, der Kreishandwerkerschaften Niederrhein und Mönchengladbach sowie der Agenturen für Arbeit Krefeld und Mönchengladbach: Unternehmen können weiterhin Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, Bewerberinnen und Bewerber können sich auch jetzt und in den kommenden Wochen noch auf Ausbildungsstellen bewerben.
6,6 Prozent weniger Verträge im Kreis Viersen als im Vorjahr
Bei der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein lag die Zahl der bei der IHK neu eingetragenen Ausbildungsverträge (Stand 30. Oktober) mit insgesamt 3888 Verträgen unter dem Vorjahresniveau (3972). Das entspricht einem Minus von 2,1 Prozent. Dabei ist die Lage in den Teilregionen des IHK-Bezirks unterschiedlich. „In Mönchengladbach gibt es ein Plus von 2,2 Prozent, im Rhein-Kreis Neuss liegt das Minus bei 0,5 Prozent, in Krefeld bei 4,2 und im Kreis Viersen bei 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Im Kreis Viersen wurden 702 Verträge abgeschlossen (Vorjahr: 752). Nach Beobachtungen der IHK zeigten sich Schüler bei Bewerbungen zurückhaltend. Umso wichtiger seien gemeinsame Aktionen an Schulen, erläutert der IHK-Hauptgeschäftsführer. Das gute Zusammenspiel aller Akteure habe dazu geführt, dass der Ausbildungsmarkt auch in diesem Jahr durch die Corona-Pandemie nicht komplett eingebrochen sei. Ein großer Dank gehe auch an die Unternehmen, die mehr Ausbildungsstellen als im Vorjahr angeboten haben.
Bei der Agentur für Arbeit waren zum Ende des Berufsberatungsjahres am 30. September 307 Jugendliche gemeldet, die noch eine Ausbildungsstelle suchten.
Dies entspricht einem Rückgang von 98 Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr. Ende September waren aber auch noch nicht alle Ausbildungsstellen besetzt: Für 418 Stellen (97 mehr als im Vorjahr), waren die Arbeitgeber noch auf der Suche nach den geeigneten Auszubildenden.
Vor allem das Friseurhandwerk leidet unter Nachwuchssorgen
Für die Kreishandwerkerschaft Niederrhein beschreibt Hauptgeschäftsführer Marc Peters die Lage so: „Auf den ersten Blick könnte man davon ausgehen, dass sich in Krefeld, im Kreis Viersen und im Rhein Kreis Neuss die Ausbildungssituation im Handwerk nahezu unverändert auf dem Niveau des Vorjahres eingependelt hat, gleichwohl aber noch unter den Zahlen des Jahres 2019 liegt.“ Wurden im Kreis Viersen im Jahr 2019 insgesamt noch 510 neue Ausbildungsverhältnisse abgeschlossen, ging die Zahl Corona-bedingt auf 444 im Jahr 2020 zurück, liegt nun aber wieder bei 507. Der stark von den Lockdowns betroffene Friseurberuf leidet insgesamt nach Angaben der Kreishandwerkerschaft massiv unter Nachwuchsproblemen: Gab es im gesamten Gebiet der Kreishandwerkerschaft Niederrhein im Jahr 2019 noch 116 neue Ausbildungsverträge, ging die Zahl 2020 auf 86 und nun im Jahr 2021 nochmals auf 75 neue Ausbildungsverhältnisse zurück. „Auch wenn die Ausbildungszahlen insgesamt auf einem konstanten Niveau liegen, ist der Fachkräftemangel auch im Handwerk schon längst angekommen“, sagt Peters.