Wohnungsmangel in Düsseldorf Immobilienexperten fordern Aus für Handlungskonzept Wohnen
Düsseldorf · Das Immobilienunternehmen Colliers fordert eine Aussetzung des Handlungskonzeptes Wohnen – und andere Maßnahmen.
. Angesichts des zunehmenden Mangels an Wohnraum in Düsseldorf und stark anziehender Mieten schlagen Immobilienmakler Alarm – und suchen nach neuen Lösungen. Es brauche ein deutliches Umdenken bei der Stadtverwaltung, aber auch auf Landes- und Bundesebene, sagen die Experten von Colliers International in der Landeshauptstadt.
„Die Genehmigungszahlen für neue Wohnungen gehen in Zukunft noch weiter nach unten, sodass sich die Lage weiter verschärfen wird“, sagt Kathrin Kuhr, Head of Residential Investment des Unternehmens in NRW. Ende dieses Jahres sollen es voraussichtlich unter 1000 sein, weniger als die Hälfte des Vorjahres. Das sei besonders angesichts des erwarteten Bevölkerungswachstums in Düsseldorf problematisch – aktuell hat die Stadt 630 000 Einwohner, in den kommenden fünf Jahren sollen mehr als 16 000 dazukommen. Und der Trend steigender Mieten werde sich angesichts der Verknappung des Angebots fortsetzen.
Die wohl radikalste Forderung der Makler richtet sich an die Stadt: Sie schlagen eine – mindestens temporäre – Aussetzung des Handlungskonzeptes Wohnen vor, das vorschreibt, dass bei großen Neubauprojekten mindestens 50 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert sein müssen. „Angesichts der massiv gestiegenen Zinsen und der weiter steigenden Baukosten für die Investoren ist es einfach nicht mehr machbar, die geförderten Wohnungen über das restliche Projekt quer zu finanzieren“, sagt Regional-Direktor Herwig Lieb. „Das hat in der Niedrigzinsphase funktioniert, aber inzwischen rechnet es sich nicht mehr“, fügt Christian Sauer hinzu, Head of Capital Markets NRW bei Colliers. Die Experten folgern: Mit der Regelung würden auf absehbare Zeit weniger Projekte umgesetzt – und das Angebot würde sich weiter verknappen. „Also wäre es sinnvoll, dass die Stadt diese Regelung flexibler handhabt, so lange diese Phase anhält“, sagt Herwig Lieb. Denkbar sei auch eine Anpassung – etwa eine Absenkung des Anteils an geförderten Wohnungen auf nur 20 Prozent.
Günstige Wohnungen bewusst
aus dem Konzept genommen
In der Politik sieht man das Thema komplett anders. So verweist die CDU-Politikerin Angelika Penack-Bielor, Sprecherin ihrer Fraktion im Wohnungsausschuss, auf die letzte Anpassung des Konzeptes – damals waren die preisgedämpften Wohnungen aus dem Konzept herausgeschrieben worden. „Aus unserer Sicht waren diese für die Entwickler viel schwieriger umzusetzen, denn mit ihnen kann man ebenfalls weniger Mieteinnahmen erzielen, aber sie werden eben auch nicht gefördert.“ Eine komplette Aussetzung des Handlungskonzeptes sei daher aus ihrer Sicht kein Thema: „Zumal wir es weiterhin wichtig finden, dass es eine soziale Mischung in den Stadtteilen gibt.“ Dass die Zahl an Genehmigungen so niedrig ist, macht aber auch ihr Sorgen: „Es ist eine schwierige Zeit.“ Sabrina Proschmann, Fraktionsvorsitzende der SPD im Rat, bezeichnet die aktuellen Genehmigungszahlen als „bittere Realität“ – aber auch sie verweist darauf, dass man das preisgedämpfte Wohnen bewusst aus dem Konzept herausgenommen habe: „Die Wohnungswirtschaft hat uns versichert, dass sie dann bauen kann.“ Das geförderte Wohnen sei hingegen nicht unbedingt unprofitabel: „Auch wenn uns klar ist, dass sich die gestiegenen Baukosten hier auch niederschlagen.“ Doch wenn man den geförderten Wohnungsbau nicht dauerhaft aufgeben und weiterhin gemischte Quartiere schaffen wolle, sei das Handlungskonzept unverzichtbar.
Die Experten vom Colliers machen in ihrem Handlungspapier eine Reihe weiterer Vorschläge, wie man den Wohnungsbau ankurbeln kann. Dazu gehören eine Verschlankung der in Deutschland extrem komplexen Bauvorschriften oder Maßnahmen, die die Immobilie als Altersvorsorge wieder attraktiver machen sollten, beispielsweise eine Senkung der Grunderwerbsteuer für Erstkäufer.
Einen Vorschlag sehen die Experten in Düsseldorf bereits auf den Weg gebracht, nämlich die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Bei der Personalausstattung in der Verwaltung habe sich schon etwas getan, urteilen sie. Gleichzeitig gebe es aber noch immer umständliche Prozesse. Herwig Lieb: „Möglicherweise wäre es sinnvoll, wenn es zusätzlich zu den ohnehin stattfindenden Öffentlichkeitsbeteiligungen und Wettbewerben nicht noch einen Workshop am Anfang geben muss, der das Verfahren weiter in die Länge zieht.“