100 Jahre Thomaskirche: Mehr als fromme Worte

Opphof: Das Gotteshaus feiert seine wechselvolle Geschichte. Engagement und Begeisterung von Christen aller Alters- und Bildungsschichten tragen heute noch die Gemeinde.

Wuppertal. Kirche im 21. Jahrhundert? Ist das nicht die dröge Veranstaltung, bei der sich sonntags stets das gleiche Dutzend grauer Häupter pflichtschuldig zum Gottesdienst versammelt? Norma Lennartz, Pfarrerin an der Thomaskirche, verneint ebenso lächelnd wie nachdrücklich. "Bei uns fehlen eher die Senioren." Ihre Kirche am Opphof feiert in diesen Tagen ihren 100. Geburtstag - und die Gemeinde zeigt sich so vital und bunt wie eh und je.

Rückblick: Schon bei seiner Einweihung am 27. Mai 1910 wehte im "evangelisch-lutherischen Gemeindehaus am Engelnberg" ein besonderer Geist. Die vier lutherischen Gemeinden Elberfelds erbauten das Haus als Erholungsstätte auf der grünen Wiese, ermöglicht durch eine 50.000-Mark-Spende der Fabrikanten-Witwe Elisabeth Schniewind.

Hier gab es weniger traditionelle Wortgottesdienste als Vereinstreffen, Kaffee-Ausflüge und andere Begegnungen im Namen des Glaubens. Ein Aspekt, der bis heute gilt - Pfarrerin Lennartz: "Die Leute kommen nicht nur wegen der Predigten."

Zum ganz profanen Beisammensein gehörte am Opphof beispielsweise in frühen Tagen die Gleichzeitigkeit von Gottes- und Wohnhaus - als Küster und Gemeindeschwester im Haus auch lebten, in spartanischen Räumen ohne Badezimmer.

Lange war im Haus ein Kindergarten untergebracht, und im Jugendkeller erlebte eine ganze Generation ihre ersten Partys. Nachdem das Haus 1960 offiziell zur Gemeindekirche geworden war, erregte es einen stadtweiten Skandal, als junge Christen es dort wagten, zur Gitarrenbegleitung Lieder zu singen, die nicht im Gesangbuch standen.

Auch wenn das Gemeindeleben heute nicht mehr für Skandale taugt: Engagement und Begeisterung von Christen aller Alters- und Bildungsschichten tragen heute noch die Gemeinde. So kann Pfarrerin Lennartz, seit 2001 am Opphof, stets auf eine feste Liste mit 120 Freiwilligen zurückgreifen, die bereit sind, Zeit und Kräfte für die Gemeinde einzusetzen.

Etwa im Februar, als das ZDF zum TV-Gottesdienst in die Kirche kam und einen Nacht-Wachdienst für die Ü-Wagen verlangte. Rasch fanden sich drei Freiwillige, die sich zwei Nächte in der Kirche mit Skat und Kontrollgängen um die Ohren schlugen. Typisch für die Christen vom Opphof - so sagt denn auch Presbyter Michael Immecke: "Wir schauen zuversichtlich in die nächsten Jahrzehnte."