Betreuung: Stadt kapituliert vor Rechtsanspruch
Wuppertal baut das Angebot für Kinder unter drei Jahren weiter aus, wird gesetzliche Vorgaben aber nicht erfüllen können.
Wuppertal. Das Dilemma mit der Betreuung von Kindern unter drei Jahren ist für Wuppertals Kämmerer Johannes Slawig (CDU) ein klassisches Beispiel für die Umverteilungsmängel im föderalen System. Mit anderen Worten: Bund oder Land beschließen Gesetze, die die Städte umsetzen und dann auf den Kosten sitzen bleiben.
So gibt es ab 2013 einen Rechtsanspruch für Eltern auf einen Betreuungsplatz für ihre Kinder zwischen einem und drei Jahren. Das heißt, die Stadt riskiert eine Klage, wenn sie nicht jedem Kind einen Betreuungsplatz anbieten wird können. Genau davon ist Wuppertal aber drei Jahre vor dem Stichtag weit entfernt. "Und wir werden die hundertprozentige Abdeckung mit Betreuungsplätzen auch nicht erreichen", ist sich Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD) sicher.
Zurzeit liegt die Quote bei 26 Prozent, also gerade mal ein Viertel der ganz kleinen Kinder kommt in einer Tageseinrichtung unter. Absolut handelt es sich um 2200 Plätze ab August 2010. Für Kühn ist das schon ein Erfolg, denn das Angebot ist nach seinen Angaben in Wuppertal ohne die zugesagte Bundes-Förderung und trotz der angespannten Haushaltslage in sämtlichen Stadtbezirken ausgebaut worden - und zwar um 200 Plätze in den Tageseinrichtungen innerhalb eines Jahres. Laut Corenelia Weidenbruch, Leiterin des zuständigen Stadtbetriebs, habe sich die Versorgung mit Betreuungsplätzen in allen Stadtbezirken verbessert. Eltern müssten nicht mehr lange Anfahrtswege in Kauf nehmen, um ihr Kind betreuen zu lassen und könnten zwischen einer Elterninitiative, einer städtischen oder kirchlichen Einrichtung auswählen.
Allerdings können das nach wie vor längst nicht alle Eltern. Die Investitionshilfe des Bundes ist laut Slawig nie wie ursprünglich vorgesehen in Wuppertal angekommen. Nach seinen Angaben sollten mit der Einführung von Hartz IV die Kommunen um 2,5 Milliarden Euro entlastet werden. 25 Millionen Euro hätten dabei rechnerisch Wuppertal zugestanden. Doch die Sozialkosten sind explodiert, von Entlastung keine Spur. "Auch die vom Bund an das Land überwiesene Kommunalhilfe ist nur zu einem Teil in den Rathäusern angekommen. 2010 fließt gar kein Geld mehr", beklagt Slawig. Landesweit wird das Kinderbildungsgesetz (Kibiz) als Erfolsmodell für den Ausbau der Betreuung der unter Dreijährigen und Jobmotor gefeiert.
Slawig und Kühn hingegen betonen, die Stadt habe den Ausbau der unter Dreijährigen-Betreuung weitgehend alleine stemmen müssen, was man nur durch Umschichtungen in den Tageseinrichtungen aufgrund rückläufiger Kinderzahlen erreichen konnte. Am Stellenschlüssel habe sich nichts geändert. Für Slawig steht darüber hinaus fest: Mehr Personal oder ein höheres Budget aus dem städtischen Haushalt wird es auch künftig nicht für ein Mehr an Betreuungsplätzen geben: "Das lässt die finanzielle Situation der Stadt nicht zu."