Wuppertaler Ausdauer-Ass 1200 Kilometer auf dem Klapprad

Wuppertal · Andreas Müller meisterte mit seinem außergewöhnlichen Gefährt Paris-Brest-Paris in vier Tagen.

Radexot Andreas Müller mit seinem Klapprad Marke Eigenbau, mit dem er die Langstreckenfahrt Paris - Brest - Paris gemeistert hat.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Wenn Andreas Müller mit seinem Klapprad meist in den Abendstunden über die Nordbahntrasse düst, dann fällt er überall auf. Der Rennradlenker und das überdimensional große vordere Kettenblatt machen ihn auf den ersten Blick als Paradiesvogel erkennbar. Der Zahnkranz mit sagenhaften 80 Zähnen macht Geschwindigkeiten jenseits der 40 Stundenkilometer selbst auf gerader Strecke möglich, und das bei Reifen, die mit 20 Zoll gerade Kinderradgröße erreichen. Wer in diesen Tagen genau hinschaut, wird aber eine Veränderung an dem Gefährt, das sich Müller aus einem handelsüblichen Klapprad zusammengebastelt hat, erkennen. Stolz fährt er nun ein Schild des Brevet (Langstrecken)-Klassikers Paris-Brest-Paris durch die Gegend, den der Postangestellte in seinem Urlaub im August gemeistert hat. 1220 Kilometer in vier Tagen, 6000 Teilnehmer – und er sicher der einzige mit einem Klapprad.

Das geht nur mit Ausdauer, großem Willen und einem Schuss positiver Verrücktheit. „Zwischendurch gab es immer mal Punkte, wo ich ans Aufgeben gedacht habe, aber zurück musste ich ja sowieso“, berichtet Müller in der Nachbetrachtung auf die 98 Stunden. In Deutschland klappt er auf ausgedehnten Touren, wenn er mal am Ende ist, das Rad einfach zusammen und setzt sich in den Zug. Das war aber in Frankreich nicht möglich. Und schließlich lockte nach 17 Stationen, auf denen man sich Stempel in sein Fahrtenbuch drücken lassen musste, noch die Medaille. „Die habe ich nur noch erhalten, weil ein Mitfahrer, den ich unterwegs getroffen habe, wusste, wo der Zuständige noch zu finden war. Das Büro am Zielort war schon lange geschlossen“, berichtet Müller, der am Ende das Zeitlimit deutlich verfehlte. Nach den Strapazen verschwammen Zeit und Raum für ihn, nur insgesamt zehn Stunden habe er geruht, die erste Schlafpause erst nach der Hälfte der Strecke eingelegt. Auf dem Rückweg raubten Anstieg und Gegenwind zunehmend die Kraft, denn mit der riesigen vorderen Übersetzung werden Steigungen trotz Sieben-Gang-Schaltung am hinteren Ritzel zur Strapaze. „Einmal musste ich schieben“, sagte er.

Seine Begeisterung für das Fahrradfahren entdeckte der 47 Jahre alte Wuppertaler, der sehr jugendlich wirkt, erst vor wenigen Jahren wieder. „Das war mit der kompletten Öffnung der Nordbahntrasse“, erinnert er sich. Bis dahin war der Paketfahrer als Ausgleich zum Job im Auto meistens auf Inlinern unterwegs gewesen. Nun machte die Trasse auch lange Touren problemlos möglich. Als Tüftler stellte er sich seine Gefährte selbst zusammen. Ein Rennrad, ein Fat-Bike und dann eben das Klapprad. Drei davon bestellte er im Internet für je 250 Euro, schraubte sich daraus ein zweifarbiges zusammen und versah es mit den genannten Extras. Die Sattelstütze zur Verlängerung der Sitzstange musste er selbst draufbauen, um die gewünschte hohe Sitzposition zu erreichen. „Man will ja auffallen“, beschreibt er seinen Hang zu außergewöhnlichen Rädern. Auch bei Paris-Brest-Paris wollte, überall da, wo er mal anhielt, jeder ein Erinnerungsfoto mit ihm machen.

Zurück zu Hause hieß es dann erst einmal pflegen, vor allem den Allerwertesten, der nach 800 Kilometern erstmals größere Probleme gemacht habe. Inzwischen ist Müller, der auf Rad und Inlinern auch schon am Trassenlauf WHEW 100 teilgenommen hat, schon wieder auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Er überlegt beim 100-Kilometer-Mammutmarsch NRW am nächsten Wochenende mitzumachen. „Ein Sponsor wäre nicht schlecht“, sagt der Paradiesvogel, der allein für sein Frankreich-Abenteuer wohl rund 1000 Euro ausgegeben hat. Das meiste für Verpflegung, die ebenso nötig wie an den Verpflegungsstationen teuer war.