Niedriglohn 14 700 Wuppertaler arbeiten zum Niedriglohn in Vollzeit

Wuppertal · Bei vielen Menschen reicht das Einkommen nicht zum Leben aus. Jetzt fordert die IG BAU eine Tarifbindung.

 In der Floristik müssen sich viele Beschäftigte mit Mini-Löhnen begnügen, die bei weitem nicht zum Familienunterhalt reichen, kritisiert die IG Bau.

In der Floristik müssen sich viele Beschäftigte mit Mini-Löhnen begnügen, die bei weitem nicht zum Familienunterhalt reichen, kritisiert die IG Bau.

Foto: dpa-tmn/Zacharie Scheurer

Eigentlich sollte jeder, der eine Vollzeit-Stelle hat, froh sein, doch häufig reicht eine Arbeit nicht aus, um alle Kosten zum Leben zu bezahlen. Aktuell arbeiten in Wuppertal 18 Prozent aller Vollzeit-Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Insgesamt rund 14 700 Menschen erzielen trotz voller Stundenzahl ein Einkommen unterhalb der amtlichen Niedriglohnschwelle von derzeit 2350 Euro brutto im Monat (Wert für Westdeutschland). Darauf hat die Gewerkschaft IG BAU hingewiesen. Die Zahlen gehen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag hervor.

„Dass selbst eine Vollzeitstelle häufig nicht ausreicht, um finanziell halbwegs abgesichert zu sein, ist alarmierend“, sagt Uwe Orlob, Bezirksvorsitzender der IG Bau Düsseldorf.

Wenn trotz einer 40-Stunden-Woche, am Ende kaum genug Geld zum Leben bleibt, muss man seinen Beruf entweder sehr lieben oder man leidet unter fehlender Unterstützung durch die Politik und durch die Gewerkschaften. Wer keine Tarifbindung hat, dem bleibt meistens nichts anderes übrig, als für den Niedriglohn arbeiten zu gehen.

Floristen noch immer
schlecht bezahlt

In der Region zählten unter anderem die Landwirtschaft, die Gebäudereinigung und die Floristik zu den Branchen, in denen besonders wenig gezahlt werde. Grund dafür sei auch die schwindende Tarifbindung. „Je mehr Firmen aus Tarifverträgen aussteigen, desto schlechtere Karten haben die Beschäftigten. Es droht eine immer tiefere Spaltung des Arbeitsmarktes“, warnt Orlob. Diese werde durch die Corona-Pandemie teils verschärft: Beschäftigte im Handwerk könnten nur selten Homeoffice machen. Wegen hoher Mieten in den Städten müssten sie zudem oft weite Pendelwege in Kauf nehmen.

Mindestlohn im Malerhandwerk als Mutmacher

Der Gewerkschafter ruft die Unternehmen in der Stadt dazu auf, sich zu Mitbestimmung und Tarifautonomie zu bekennen: „Die Sozialpartnerschaft ist ein Erfolgsmodell, das den Beschäftigten – und den Betrieben – über Jahrzehnte wachsenden Wohlstand beschert hat. Sie darf nicht unter die Räder kommen.“ Nach Untersuchungen der Hans-Böckler-Stiftung profitieren davon auch die Firmen. In tarifgebundenen Unternehmen steige die Produktivität, Mitarbeiter seien motivierter.

„Aber auch die Politik ist am Zug. Sie sollte mehr für die Tarifbindung tun“, erklärt Orlob. Als Hoffnung sieht er Bereiche, in denen mit Hilfe der Politik schon etwas Positives erreicht wurde. Orlob schaut ganz gezielt auf das Beispiel des Maler- und Lackiererhandwerks: Dort haben Gesellen Anspruch auf einen tariflichen Mindestlohn von 13,50 Euro pro Stunde. Diese Lohnuntergrenze wurde von der Politik für die ganze Branche zur Pflicht gemacht. Zum Vergleich: Der gesetzliche Mindestlohn liegt aktuell bei 9,35 Euro pro Stunde. Ein Rat von Orlob richtet sich an Arbeitnehmer, die unter Niedriglöhnen leiden und nicht handeln. „Klar ist aber auch: Je mehr Menschen sich in den Gewerkschaften engagieren, desto mehr lässt sich gegenüber den Arbeitgebern herausholen“. Red