1500 Euro Geldstrafe für Gebrüll in der Kirche
Wegen Störung eines Gottesdienstes in der Hauptkirche muss ein geständiger 62-Jähriger 1500 Euro Strafe zahlen.
Sonnborn. Er hat es genauso gewollt. Daran lässt der 62 Jahre alte Wuppertaler auch als Angeklagter vor Gericht keinen Zweifel aufkommen: „Ich wollte den Eklat, damit das in die Geschichte eingeht“, sagt er dort. Es geht um die Störung eines sonntäglichen Gottesdienstes in der Evangelischen Hauptkirche an der Sonnborner Straße.
So geschehen laut Anklage und laut Geständnis des 62-Jährigen am 8. August des vergangenen Jahres. Das Motiv des geständigen Störers: der Ausbau der Schwebebahn als Thema in der Predigt. Und die störte der Mann nach eigenem Bekunden mehrfach durch Zwischenrufe.
Der als Hauptzeuge geladene Pfarrer Manfred Alberti bestätigte vor Gericht, dass er fünf bis sechs Mal unterbrochen worden sei. Er selbst, entsetzte Besucher und weinende Frauen hätten den Zwischenrufer mehrfach gebeten, zu schweigen — vergeblich. Während die entnervten Gäste einer Taufgesellschaft in einen geschützten Raum geführt wurden, entwickelte sich in der Kirche über mehrere Minuten ein unschönes Wechselspiel aus Predigt, Gebrüll und Orgel-Klängen.
Warum nur? Es ist die Schwebebahn beziehungsweise das, was der Angeklagte aus ihr macht. Als Vorsitzender der Bürgerinitiative „Rettet die Schwebebahn“ prangert er seit Jahren die aus seiner Sicht unsinnige Sanierung des Wuppertaler Wahrzeichens an. Seine Theorie in Kurzform: Die 100 Jahre alte Schwebebahn wäre noch weitere 100 Jahre gefahren. Ihre Sanierung hätte man sich folglich sparen können. Stattdessen werde da ein Denkmal zerstört. Um das nachzuweisen, will der 62-Jährige rund 15 000 Euro in Gutachten investiert haben.
Sein Problem: Der Mann findet schon lange kaum Gehör. Auch nicht in der Evangelischen Gemeinde, die an der Sonnborner Straße die Schwebebahn quasi vor der Tür hat und beim großen Umbau im vergangenen Sommer auf den Turm geladen hatte, um von dort jedem, der wollte, einen exklusiven Blick auf die Bauarbeiten zu gewähren. Die Schwebebahn als Teil der Stadt und als Sinnbild fürs Gute — so etwa hatte Pfarrer Alberti seine Sonntagspredigt gestaltet.
„Ich hab’ sofort dazwischen gerufen, wenn eine Unwahrheit gesagt wurde“, sagte der Angeklagte am Mittwoch. Und er habe zuvor dem Pfarrer noch Material für die Predigt angeboten. Pfarrer Alberti bezeichnete diesen Vorstoß samt der Ansichten des 62-Jährigen als „abstrus.“ Weil auch die Orgel den Mann nicht mundtot machte, musste am Ende die Polizei eingreifen. Auch das sei ein „Tabu-Bruch“ wie die Staatsanwaltschaft konstatierte. Der Mann wurde aus dem Gotteshaus getragen. Gewehrt hat sich der Aktivist — so nennt er sich und seine Mitstreiter — wohl nicht (Kasten oben). Aber auch das Hinaustragen hat er bewusst inszeniert, indem er sich auf den Boden der Kirche setzte.
Das Urteil: 1500 Euro Geldstrafe. Der 62-Jährige hält zwar die weltlichen Gerichte gar nicht für zuständig, beruft sich stattdessen auf die Kirchenordnung. Gleichwohl will er das Urteil anfechten. Die Gelegenheit, sich öffentlich bei den mehr als 50 Gottesdienst-Besuchern zu entschuldigen, ließ der 62-Jährige am Mittwoch jedenfalls aus, stattdessen resümierte er: „Das alles ist Politik und gehört nicht in die Kirche.“