25 Jahre nach Hilgenpütt-Mord: Lebenslange Haft für Andreas O.

Das Motiv für die Bluttat an der Grenze zu Wuppertal bleibt weiter unklar.

Essen/Sprockhövel/Wuppertal. Das Essener Schwurgericht hat nicht den geringsten Zweifel. Der heute 48-jährige Wuppertaler Andreas O. hat sich am 3. November 1983 des heimtückischen Mordes zur Verdeckung einer Straftat schuldig gemacht. Das Urteil - 25 Jahre nach der Tat - lautet: lebenslange Freiheitsstrafe.

In der Urteilsbegründung lässt das Gericht die Szenerie auf dem Sprockhöveler Parkplatz "Hilgenpütt" am Tatmorgen gegen 9.30 Uhr wieder aufleben.

Es zeichnet das Bild des 39 Jahre alten Handelsvertreters aus Gevelsberg, der auf dem Parkplatz eine kleine Auszeit zwischen zwei beruflichen Terminen nimmt, arglos in seinem Auto sitzt und Zeitung liest. 660 D-Mark hat der Mann aus gutbürgerlichem, eher konservativem Milieu in der Tasche. "Er hatte keine Feindschaften, er hätte sich nicht vorsehen müssen", heißt es in der Urteilsbegründung. Dann fahren Andreas O. und sein fünf Jahre jüngerer Bruder auf den Parkplatz. Sie sind dem Opfer vollkommen unbekannt. Es wird ihre erste und letzte Begegnung sein.

Der Angeklagte stammt aus gänzlich anderen Verhältnissen, hat Armut, Gewalterfahrungen und nach seinen eigenen Angaben sexuellen Missbrauch erlebt. Er hat keine Vorstrafen, er ist nicht krank. Aber er hat eine schwierige und zerrissene Persönlichkeit, formuliert das Gericht. Und an jenem Abend will Andreas O. einen "Kick". Er hat einen Revolver dabei. Er kommt auf die Idee, den Handelsvertreter auszurauben, schlägt die Seitenscheibe des Mercedes’ ein. Er beugt sich in das Fahrzeuginnere, um das Opfer zu attackieren.

Das Opfer ist arg- und wehrlos. Der jüngere Bruder ist entsetzt, will dem Verletzten helfen. Aber Andreas O. kommt der Gedanke, er könne angezeigt werden. Und der damals 23-Jährige beschließt: "Das muss weg. Das muss beseitigt werden." Immer wieder sticht er auf den verletzten Mann ein.

Der Ehemann und Vater einer Tochter hat schon zahlreiche Verletzungen und verliert viel Blut, als der Angeklagte ihn eine Böschung hinunter stößt, ihm mit Steinen auch noch Schädelbrüche zufügt.

An die Stiche kann sich Andreas O. nicht erinnern. Die Tat hat er aber gestanden. Das Gericht macht deutlich, wie intensiv und sorgfältig die Schwurgerichtskammer alle Spuren und vor allem Aussagen der Zeugen geprüft hat. "Ein falsches Geständnis ist keine ernsthaft in Erwägung zu ziehende Variante", heißt es. Es gebe jedenfalls keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte unter Realitätsverkennung leide.

Doch eine zufriedenstellende Erklärung für die Tat gibt es nicht - auch nicht vom Angeklagten. Andreas O. sagt in seinem letzten Wort: "Ich kann nur sagen, dass mir die ganze Sache von Herzen leid tut und ich bis heute nicht weiß, wie es dazu gekommen ist."