Schulpolitik Finanzminister Scholz durchkreuzt die Pläne der Wuppertaler

Wuppertal ·

Das frühere Arthotel in Heckinghausen soll zur siebten Gesamtschule umgebaut werden.

Foto: Ja/Fries, Stefan (fri)

Die aktuellen Anmeldezahlen für die weiterführenden Schulen haben es deutlich gemacht: Nicht alle Wünsche der Eltern und Kinder nach einem Platz an einer Gesamtschule in Wuppertal können erfüllt werden. 956 Kinder werden ab dem Sommer neu eine Gesamtschule besuchen, 1434 Anträge wurden gestellt.

Der Stadtrat hat den Grundsatzbeschluss für den Bau der siebten Gesamtschule gefasst, um diesem Trend vor allem im Barmer Osten entgegen zu wirken. Die Verwaltung will den Umbau des Hotels Artfabrik an der Bockmühle in Heckinghausen sowie den Bau einer Sporthalle mit geschätzten Kosten von insgesamt rund 60 Millionen Euro zum großen Teil über die Integrationshilfe des Bundes finanzieren. Das ist politisch nicht unumstritten, Kritik aus unterschiedlichen Gründen äußerten FDP und Linke.

Finanzminister Olaf Scholz hat vorerst einen Strich durch die Rechnung der Verwaltung gemacht. Scholz verweist auf die stark gesunkenen Asylbewerberzahlen und kündigte in seinem Haushaltsentwurf an, den Geldhahn bei den Integrationshilfen zuzudrehen. Nach dem aktuellen Stand würde Wuppertal 2020 und 2021 weit weniger als die elf Millionen Euro erhalten, die im laufenden Jahr in die Stadtkasse fließen.

Wie in vielen anderen Städten, die finanziell nicht auf Rosen gebettet sind, hat der Haushaltsentwurf von Scholz auch in Wuppertal Kritik hervorgerufen. Laut Stadtkämmerer Johannes Slawig sind im Investitionsplan für den Schulbau bis 2029 rund 500 Millionen Euro vorgesehen. „Das gilt mit Sanierung und Neubau für alle Schulformen“, sagt Johannes Slawig.

Nach dem aktuellen Stand zeichnet sich eine Finanzierungslücke von rund 50 Millionen Euro ab. Diese Lücke will die Verwaltung zum Teil mit der Integrationshilfe des Bundes schließen. „Der Vorschlag der Verwaltung sieht vor, dass wir für die Jahre 2019, 2020 und 2021 jeweils zehn Millionen Euro vom Bund für den Bau der siebten Gesamtschule verwenden und jeweils eine Million Euro für konkrete Integrationsprojekte in den Quartieren“, sagt Johannes Slawig (CDU). Die 30 Millionen Euro, die so nicht aus eigenen Mitteln für den Bau der siebten Gesamtschule finanziert werden, könnten in andere Projekte des Schulbaus gesteckt werden.

Schul- und Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD): „Für die Integration kann es nichts Besseres als Investitionen in die Bildung geben. Und Bildung ist ein auf Dauer angelegter Prozess.“ Bundesfinanzminister Scholz attestiert Kühn „Realitätsverlust“, da er nun mit rückläufigen Asylbewerberzahlen den Wegfall der Zuschüsse für die Integration begründe. Die steigenden Schülerzahlen seien schließlich vor allem auf die Zuwanderung zurückzuführen.

Kritik an Finanzminister Scholz gibt es aus der eigenen Partei

Stefan Kühn verweist auf den Koalitionsvertrag der Regierungsparteien in Berlin. CDU und SPD hätten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass die Zahlungen für die Integration auch 2020 und 2021 erfolgen. Die Stadt habe die begründete Erwartung, dass daran bis zum Ende festgehalten werde, und das Land NRW wie 2019 die komplette Summe an die Kommunen weitergebe.

„Die Hoffnung ist, dass der Gegenwind, den Finanzminister Scholz nun aus NRW, Bayern und anderen Bundesländern zu spüren bekommt, Wirkung zeigt“, sagt Stadtdirektor Johannes Slawig. Kritik gibt es für den Minister auch aus seiner eigenen Partei.

So sagt der Wuppertaler SPD-Abgeordnete Helge Lindh: „Integration ist ein Marathon, kein Sprint. Es ist nachvollziehbar, dass bei sinkenden Asylbewerberzahlen die Kosten für Unterbringung und Verfahren sinken. Die größte Aufgabe liegt aber noch vor uns: Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Schutzsuchende in unsere Gesellschaft zu integrieren. Der Bund darf sich hier nicht aus der Verantwortung ziehen und den Eindruck vermitteln, in der Asylpolitik sei bereits alles geregelt.“ »Kommentar, S. 16