Abschied nach 18 Jahren
EFG-Leiter Reinhart Herfort war immer Chancengleichheit wichtig. Jetzt geht er in den Ruhestand.
Ronsdorf. Als er Schulleiter wurde, machten gerade die ersten „PISA“-Ergebnisse Schlagzeilen. Sie machten klar, dass deutsche Schüler nicht Spitze waren und der Schulabschluss noch immer sehr von der sozialen Herkunft abhing. Zwei Themen, die Reinhart Herfort ohnehin ansprachen. Der Pädagoge hatte sich bewusst für die Gesamtschule entschieden. Nach 18 Jahren als Leiter der Erich-Fried-Gesamtschule (EFG) tritt er jetzt seinen Ruhestand an.
Die damals als Schock bezeichneten Ergebnisse der Schüler-Leistungs-Studie „Pisa“ erlebte er als Motivation. An den ungleichen Chancen wollte er etwas ändern. Sein Anliegen bis heute: „Schule so zu organisieren, dass jedes Kind lernen kann, was es zu lernen in der Lage ist.“ Als Leiter einer Gesamtschule setzt er darauf, Heterogenität als Reichtum zu begreifen, die Klassen zu mischen - nach Neigungen, nach Leistungsvermögen. Er verweist auf das Motto „Vielfalt leben“ - das sei die ethische Grundhaltung an der Schule, die auch praktisch umgesetzt werde. Darum ist ihm wichtig, die Schule attraktiv zu machen, damit möglichst viele Kinder sie besuchen. „Dafür muss man viel tun“, betont er, „nach innen und nach außen.“
Nach innen seien Förderkonzepte, Lernzeiten, Prozesse zur Individualisierung im Unterricht entstanden: „Lernen im Gleichschritt ist nicht mehr aktuell“, sagt Herfort. Spürbar stolz zählt er besondere Angebote wie die Theaterklasse, Arbeitsgemeinschaften und bilingualen Unterricht auf, zudem die Kontakte nach außen - etwa als Erasmus Plus-Schule, deren Schüler mit Schülern im europäischen Ausland Projekte durchführen, und die breit gefächerte Berufsorientierung mit vielen Kontakten zu Unternehmen.
Als aktuelle Herausforderungen erlebe auch die EFG Inklusion und Integration: „Alle diese Kinder haben einen Anspruch auf eine gute Ausbildung“, betont Herfort. Er lobt die gute Zusammenarbeit der Schulformsprecher, zeigt sich aber besorgt darüber, dass bei den völlig unzureichenden personellen Ressourcen Inklusion zur Farce zu werden drohe. Darüber hinaus komme es darauf an, dass sowohl bei der Inklusion als auch bei der Integration von Seiteneinsteigern keine Schulform aus der Verantwortung entlassen werde.
Schule besser machen — das war schon Teil seiner Motivation, den Lehrerberuf zu ergreifen. Nach dem Studium von Germanistik und Politik in Gießen reizte ihn zwar auch kurz die Wissenschaft. „Doch ich habe früh gemerkt, dass mir das Vermitteln von Wissen Spaß macht.“ Also wählte er das Referendariat, ging an ein Gymnasium im Taunus. „Aber das war kein Spiegel der Gesellschaft“, stellte er fest. Deshalb bewarb er sich an eine Gesamtschule in Mülheim. Zwölf Jahre später kam er an die Gesamtschule Vohwinkel, wurde dort Didaktischer Leiter: „Ich wollte gestalten“, erklärt er sein Engagement. Nur drei Jahre später wurde er Leiter der Erich-Fried-Gesamtschule.
„Das war schon eine Riesenaufgabe“, erinnert er sich. „Ganz viele Herausforderungen“ habe er erlebt. In den 18 Jahren habe sich der Lehrerberuf sehr verändert, die Schüler hätten sich verändert: „Die Individualisierung der Gesellschaft macht viele Entscheidungen nötig“, erklärt er. Erziehungsprozesse seien anspruchsvoller geworden. „Dass die Kollegen hier trotzdem eine so bunte und reiche Schule entwickelt haben, ist eine herausragende Leistung“, lobt er.
Seinem Abschied blickt er mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen. Die Kommunikation mit Schülern und Kollegen „werde ich vermissen“. Aber: „Es gibt ein Leben nach der Schule.“ Dafür hat er konkrete Ideen: Er will durch Deutschland radeln, viel Sport treiben und Spanisch lernen. Und Studienfahrten nach Weimar organisieren: „Ich finde es total reizvoll, Menschen in Begegnung mit Kultur und Geschichte zu bringen“, sagt Herfort. Interessenten gibt es schon.