Alles nur eine Frage der Perspektive

Talfahrt-Premiere: Bissiger Rückblick auf das Jahr in Wuppertal.

Foto: S. Fries

Warum nicht den Elberfelder Weihnachtsmarkt mangels Beleuchtung zum „Darkroom“ erklären? Schließlich sieht Sonnborn im Dunkeln auch viel schöner aus. Und im Wuppertaler Osten könnten durch den drohenden Rauswurf von Oberbarmen aus der EU bald ebenfalls die Lichter ausgehen.

Gegen solch Bergische Düsternis setzte das Talfahrt-Trio bei seiner Jahresrückblick-Premiere im Bürgerbahnhof Vohwinkel die stimmungsaufhellende Kraft des positiven Denkens. Am Ende ist alles eine Frage der Perspektive. Beispiel: Wenn die Messerstechereien im Zentrum zunehmen, läuft Wuppertal Solingen wortwörtlich den Rang als Klingenstadt ab. Da lässt sich auch gleich das traditionelle Liedgut zeitgemäß aufpolieren. Statt mit der „Bimmel-Bummel-Bahn“ geht es künftig per Seilbahn nach Küllenhahn — und von dort direkt zur Müllverbrennungsanlage. Besser kann Tourismus nicht laufen. Jürgen H. Scheugenpflug, Jens Neutag und Ulrich Rasch machten sich im ausverkauften Haus gewohnt scharfzüngig an ihre satirische Heimatpflege, nahmen die (W)Irrungen des Jahres samt dazugehörigen Personen genüsslich aufs Korn.

Stoff für eine ganze Märchenstunde mit den Striekspöen als „Barmer Stadtmusikanten“ und Stadtkämmerer Johannes Slawig als „tapferes Eintreiberlein“ und dem „kleinen Mucke“. Das politische Personal musste viel einstecken. Ex-Bürgerbeteiligungsdezernent Panagiotis Paschalis wurde als Karnevalsprinz „Walburga Paschalis der Allerletzte“ der Orden „Held der Arbeit“ verliehen. CDU-Kreisvorsitzender und „Kamerakind“ Rainer Spiecker machte durch die von ihm geforderte Videoüberwachung des Berliner Platzes und seine Sprachkompetenz in den Medien Karriere. Derweil ließ es CDU-Bundestagsabgeordneter Jürgen Hardt dank seiner üppigen Vorwerk-Bezüge mit „Sex, Drugs and Thermomix“ ordentlich krachen. Auch für Verkehrsdezernent Frank Meyer hatte das Talfahrt-Ensemble eine sinnvolle Aufgabe. „Bei der nächsten Bahnsperrung kann er die Pendler mit der Fahrradrikscha nach Düsseldorf bringen“, spottete Jens Neutag.

Am Ende wurde die „Zuneigung“ für Wuppertal auch musikalisch verpackt: „Ich liebe diese Stadt wie einen Pickel im Gesicht“, sang Jürgen H. Scheugenpflug aus voller Kehle. Für ihn steht fest: „Woanders ist es auch nicht besser.“

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