Als die CDU eine Mauer baute
Zum 25. Jahrestag des Mauerbaus protestierte die Junge Union an der Alten Freiheit. WZ-Fotograf Kurt Keil erinnert an ein Stück Zeitgeschichte.
28 Jahre, zwei Monate und 26 Tage dauerte die Teilung Deutschlands. Inzwischen ist seit der Wiedereröffnung der Mauer mehr Zeit verflossen, als die Mauer gestanden hat. Die Mauer — sie war lange deutscher Alltag. Im Lauf der Jahre nahmen viele Deutsche die Mauer als unabwendbares Schicksal hin.
So war das jedenfalls noch im Jahr 1986, als WZ-Fotograf Kurt Keil dieses Foto in der Elberfelder Fußgängerzone bei einer Protestaktion der Jungen Union aufnahm. Es war der 13. August, der 25. Jahrestag des Mauerbaus. Ein Gedenktag, der vor allem in den Medien in Szene gesetzt wurde.
Bilder erzählen
Stadtgeschichte
Berlin, die Mauer und die Grenze zur DDR waren weit weg. Jedenfalls, wenn man die Welt von Elberfeld aus betrachtete. Mit ihren Aktionen machte die Junge Union zwar Jahr für Jahr auf die deutsche Teilung aufmerksam, aber um wenigstens am 25. Jahrestag stärker wahrgenommen zu werden, wurden einige Hohlblocksteine in der Fußgängerzone aufgestapelt.
Wer gegen die Mauer protestierte, musste in diesen Tagen damit rechnen, belächelt zu werden. Den politischen Protest gegen die Mauer empfanden viele Beobachter als politische Routine. Selbst die größten Optimisten wagten nicht mehr, auf eine schnelle Wiedervereinigung zu glauben. Der Kalte Krieg war nicht überwunden, das politische Tauwetter hatte mit der Machtübernahme von Michail Gorbatschow in der damaligen UdSSR gerade erst eingesetzt.
Mit der Mauer hatte Kurt Keil ganz persönliche Erfahrungen gemacht — keine guten. „Wenige Tage vor der Entlassung aus der Bundeswehr musste ich 1961 wegen der Krise in Berlin an meinen zwölfmonatigen Wehrdienst sofort eine drei Monate dauernde Wehrübung anhängen. Danach wurde der Wehrdienst auf 18 Monate verlängert“, erinnert er sich.
In seinem Berufsleben stand ihm die Mauer immer wieder im Weg, obwohl sich sein Arbeitsfeld auf den Westen Deutschlands beschränkte. „Ich kam 1967 aus Hattingen nach Wuppertal. In Hattingen hatte man ein Stück der Mauer originalgetreu vor dem Rathaus aufgebaut. In Wuppertal fand ich bei meinen ersten Terminen die Mauer vor. Sie war im Rathaus-Foyer in Barmen aus Hohlblocksteinen aufgebaut worden.
„Unmittelbar nach dem Mauerbau hat man die symbolische Mauer im Rathaus gebaut. Als das politisch nicht mehr gewünscht war, hat die CDU eine symbolische Mauer auf dem Berliner Platz gefordert, die aber nie umgesetzt worden ist. So kam es dann zu den jährlichen Aktionen der Jungen Union“, sagt der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende und spätere Bürgermeister Hermann-Josef Richter.
Auf dem Foto vom Jahrestag 1986 ist sein Amtsvorgänger und Ehrenbürger Kurt Drees am Mikrofon zu erkennen. An seiner Seite (3.v.r.) steht der damalige Vorsitzende der Jungen Union Andreas Engelhardt. Auf der linken Seite der Mauer weisen offensichtlich DDR-Flüchtlinge oder ausgewiesene DDR-Bürger mit Plakaten auf die Konsequenzen hin, die bei einer Flucht oder bei einem Antrag auf Ausreise drohten.
Es war eine Zeit, in der die Trennung der politischen Lager noch viel deutlicher war. Aktionen wie der symbolische Mauerbau stießen bei SPD oder Grünen auf wenig Sympathie, weil diese Parteien über den Dialog und weniger über den Protest zu einer Annäherung beider deutscher Staaten kommen wollten. Wobei die deutsche Einheit — einmal abgesehen von den Jahrestagen — für alle politischen Strömungen zu diesem Zeitpunkt aber eher ein Thema von zweitrangiger Bedeutung geworden war. Zu sehr hatte sich das Bild des geteilten Deutschlands schon verfestigt.
„Ich würde mir wünschen, dass der 13. August ein Tag der Erinnerung bleibt“, so Richter, der damals als CDU-Fraktionsvorsitzender die Gründung der Städtepartnerschaft mit Schwerin vorgeschlagen hatte. „In der Politik ist Leisetreterei der falsche Weg, man muss im Gespräch bleiben“, lautet sein Rückblick. Die Mauer diene als Mahnung, gerade in Zeiten, in denen ein Rückfall in die Fehler der Weimarer Republik drohe.