Andrang auf Gesamtschulen:Oft entscheidet das Los

295 Kinder mussten an Gesamtschulen abgelehnt werden, da die Nachfrage wieder sehr groß ist.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. 2826 Viertklässler werden im Sommer die Schule wechseln. Das sind 171 Kinder weniger als im Vorjahr. Entsprechend haben sich auch die Anmeldezahlen der weiterführenden Schulen entwickelt. Die einzige Schulform, die mehr Anmeldungen als freie Plätze hatte und wo in vier Einrichtungen das Los über einen Schulplatz entscheiden musste, ist die Gesamtschule. Allein die in Barmen hatte rund 400 Interessenten und musste 190 davon ablehnen.

945 statt 889 Schüler nehmen die sechs Gesamtschulen dieses Jahr auf. Damit steigt die Übergangsquote bezogen auf alle Schulformen von 29,8 auf 33,4 Prozent. Während die Gesamtschulen Ronsdorf, Langerfeld und Barmen kaum zusätzliche Schulplätze anbieten konnten, fanden an der Else-Lasker-Schüler in Elberfeld 20, an der in Vohwinkel 16 und an der jüngsten Gesamtschule Uellendahl-Katernberg — hier durch die Ausweitung von fünf auf sechs Klassen — 27 Kinder mehr einen Platz.

Durch die wachsende Beliebtheit der Gesamtschulen mussten alle bis auf Uellendahl-Katernberg und die „Else“ Kinder ablehnen. Vohwinkel hatte zehn Anmeldungen zu viel (3,4 Prozent), Ronsdorf 35 (11,9 Prozent) und Langerfeld 60 (20,3 Prozent). Barmen mit 64,4 Prozent Überhang ist absoluter Spitzenreiter. „Wir haben ein Ost-West-Gefälle“, fasst Reinhart Herfort, Sprecher der Gesamtschulen, die Entwicklung zusammen.

Zwar sank die Zahl der Ablehnungen insgesamt von 350 im Vorjahr auf 295, doch immer noch haben damit zahlreiche Viertklässler nicht den Schulplatz ihrer ersten Wahl erhalten. „Die Eltern können bei der Anmeldung zustimmen, dass ihre Kinder an andere Gesamtschulen vermittelt werden, sollten sie bei uns abgelehnt werden“, erklärt Bettina Kubanek-Meis, Direktorin der Gesamtschule Barmen. Die Hälfte der Eltern würde diese Möglichkeit in Anspruch nehmen. „66 Kinder konnten so nach Uellendahl-Katernberg und an die ,Else’ umgelenkt werden“, ergänzt Reinhart Herfort. Die anderen erhalten die Unterlagen ihrer Kinder zurück. Mit denen gehen sie dann zur nächsten Schule — einer aus dem sogenannten dreigliedrigen System, also Haupt- oder Realschule oder Gymnasium.

Ob ein Kind einen Platz an der gewählten Gesamtschule erhält, hängt an zwei Faktoren, wie Bettina Kubanek-Meis erläuter: „Härtefälle werden grundsätzlich berücksichtigt. Über alle anderen Anmeldungen entscheidet das Los.“ Damit gleich viele leistungsstarke und leistungsschwächere Kinder in einem Jahrgang seien, würde ein Notendurchschnitt und darum zwei Gruppen gebildet. Dann würde in beiden Gruppen gelost. „Dadurch bekommen wir auch die Heterogenität hin, die wir als Gesamtschule brauchen“, erklärt die Schulleiterin.

Damit den abgelehnten Viertklässler kein Nachteil entsteht, konnten sie sich in diesem Jahr erstmals nach vielen Jahren wieder früher an Gesamtschulen anmelden als an den anderen Schulformen. „Das vorgezogene Anmeldeverfahren an den Gesamtschulen in diesem Jahr entbindet die Eltern der Peinlichkeit, dass die andere Schule weiß, dass sie nur zweite Wahl ist“, berichtet Bettina Kubanek-Meis, die im vergangenen Jahr den „Deutschen Schulpreis“ entgegen nehmen konnte.

Dass die Barmer Gesamtschule so beliebt ist, führt die Direktorin jedoch nicht nur auf den Erfolg beim Schulpreis zurück, sondern auch auf die verkehrsgünstige Lage. Denn nach der Auszeichnung hätten sich nur etwa 30 Kinder mehr angemeldet als im Vorjahr.

Die hohe Zahl der Anmeldungen an ihrer Schule sieht Bettina Kubanek-Meis zwiegespalten: „Das ist unser Leid und unsere Freude gleichzeitig und die Antwort auf unsere Arbeit. Aber es sind schlimme Tage, wenn wir nach den Absagen weinende Kinder und verzweifelte Eltern trösten müssen.“