Auch im Digitalen zählt das Motiv

Galerie im Turm und Foto-AG der evangelischen Kirchengemeinde Elberfeld-Südstadt gehören zusammen.

Foto: Andreas Fischer

Gäbe es einen Preis für die originellste Räumlichkeit, die Galerie im Turm hätte gute Chancen, ihn zu gewinnen. Denn sie residiert — wie der Name sagt — in einem Turm, im Turm der Christuskirche. Zweite Etage, über Treppe und modernen Aufzug, also barrierefrei, erreichbar, bespielt die Foto Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Kirchengemeinde Elberfeld-Südstadt, das Fotoforum Wuppertal, 50 Quadratmeter Ausstellungsfläche, die auf zwei Räume, direkt unter dem Kirchenglockenraum, verteilt sind. Zwei Ausstellungen eigener und vier bis sechs Ausstellungen externer Fotografen oder -gruppen finden im Jahr hier statt. Auf „Art Morbide“ des Fotoforums folgte am 18. Mai „Indien sehen“ von Stefan Völcker-Janssen.

Wuppertaler

Kunst(t)räume

Als Frank Petig 1978 Pfarrer der Christuskirche wurde, brachte er sein Hobby Fotografie mit, das er mit Gleichgesinnten teilen wollte und diese mittels Anzeige im Gemeindebrief suchte. An die sieben Interessierte kamen damals, darunter auch Burkhard Bücher und Claus-Dieter Meier, der Presbyter und Finanzkirchenmann. Nach anfänglicher Fluktuation stabilisierte sich die Mitgliederzahl über die Jahre bei 15 bis 20 — alles ehrenamtliche Fotografen und Fotografinnen, die sich in Eigenregie, über Kurse und im Austausch ihre immer professionelleren Fertigkeiten erwarben. „Sich dabei von anfänglich vor allem Technikbegeisterten zu geschulten Fotomotivfindern hin entwickelten“, sagt der 54-jährige Bücher.

Nach der ersten Ausstellung Anfang der 80er Jahre in einer Kneipe, bei der gleich zwei Bilder gestohlen wurden, fand man 1991 in den ehemaligen Jugendarbeitsräumen im Turm der Kirche Unterschlupf. Richtete sich diese zunächst selbst her, bis 2013 eine aufwändige Renovierung folgte. 2017 wurde die hundertste Ausstellung gefeiert. Regelmäßige Treffen mit institutionalisierter Bildkritik sowie Fotoreisen runden das gemeinsame Tun ab.

Das änderte sich nicht zuletzt durch die Digitalisierung. Mit dem Smartphone als fotografischem Skizzenheft und immer perfekteren (und teureren) Digitalkameras. Der 62-jährige PC-Techniker Meier, Organisator und Sprecher der AG, erinnert sich: „Irgendwann kam der erste mit einer digitalen Kamera, was anfänglich ja ganz nett war. Und irgendwann hatte dann der letzte umgestellt.“ Wenn auch die analoge Ausrüstung meist wie ein Schatz zuhause gehütet wird — zusammen mit der Erinnerung an die Dunkelkammer, an die erste, natürlich analoge Kamera, die zur Konfirmation oder Kommunion geschenkt wurde, an die Finanzierung des Studiums durch die Arbeit im Fotostudio, an die Filmbestellungen, die man gemeinsam aufgab, um Rabatte herauszuhandeln, an die komplexen Berechnungen des voraussichtlichen Filmbedarfs im Urlaub...

Mit dem Eintritt ins digitale Zeitalter kamen Erleichterungen und neue Herausforderungen, in Form der Bildbearbeitungsprogramme. Meier: „Heute ist kein Bild mehr unbearbeitet.“ Fotos bestehen aus mehreren Schichten, so dass Kontraste fein abgebildet werden können. Beispiel „Art Morbide“, die Detlef Hinz, Fritz Zander, Meier und Udo Straßmann gemeinsam bestritten. Ihre Aufnahmen waren unter anderem in den Beelitz-Heimstätten und der Kent-School in Schwalmtal entstanden. Sie zeigten, ganz im aktuellen Trend der Lost Places-Fotografie, raffiniert zu atmosphärisch ausdrucksstarken Kunstwerken nachbearbeitete verlassene Orte. Bleibt die Vorfreude auf die nächste Ausstellung — im Turm oder anderswo; die Mitglieder der AG sind vielfältig aktiv.