Artenschutz Vogelexperte warnt: Der Bestand aller Arten nimmt ab

Wuppertal · Es gibt positive Ausnahmen, aber selbst verbreitete Vogelarten geraten stärker unter Druck.

Rainer Mönig beobachtet mit Sorge, wie sich die Lebensbedingungen der Vögel verschlechtern.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Viele Vogelarten, die auf Wuppertaler Stadtgebiet brüten, geraten durch Eingriffe des Menschen in die Natur zunehmend unter Druck. Heiße und trockene Sommer sowie eingeschleppte Viruserkrankungen machen dem heimischen Vogelbestand zusätzlich zu schaffen. Das Artensterben geschieht noch weitgehend im Verborgenen, aber es hat nach Meinung von Experten wie dem Ornithologen Rainer Mönig und dem Naturschützer Jörg Liesendahl auch in Wuppertal unumkehrbare Folgen.

Rainer Mönig beobachtet die Entwicklung seit mehr als 40 Jahren. An diesem Morgen führt den leidenschaftlichen und ambitionierten Vogelkundler der Theodor-Schröder-Weg auf eine Wupperbrücke in der Nähe des Herbringhauser Bachtals. Von dort aus können Gebirgsstelze, Wasseramsel und Eisvogel gesichtet werden. Dass die Wasseramsel im Stadtgebiet brütet, ist nicht zuletzt dem Einsatz von Rainer Mönig zu verdanken. In 40 Jahren hat er mehr als 2000 Vögel beringt und vermessen.

„In den 1980er Jahren wurden am Marscheider Bach Eier gefunden, die nicht ausgebrütet waren. Prof. Bertling, Leiter des Chemischen Untersuchungsamtes, hat sie untersucht und polychlorierte Biphenyle (PCB) darin ermittelt. So konnte der Verursacher identifiziert und die Einleitung gestoppt werden“, erinnert sich Mönig. Keinen Erfolg hatte er zuletzt mit einer Schutzaktion für den Steinkauz. „Ich fürchte, dass wir den Vogel, der halb so groß ist wie der Waldkauz, auf dem Stadtgebiet verloren haben.“

Geringe Niederschläge sind schlecht für die Bachvogelfauna

Es dauert nicht lange, da hat Rainer Mönig eine Gebirgsstelze auf einem Stein in der Wupper entdeckt. Man erkennt sie am großen wippenden Schwanz. Wie ein Wirbel oder wie Schaum im Wasser sieht die weiße Brust der Wasseramsel aus, die ihr zur Tarnung dient. „Diese hat ihr Frühstück schon hinter sich“, sagt Rainer Mönig. Die Wasseramsel taucht nicht völlig ab, wie sonst auf ihren Beutezügen, sondern steckt ab und zu den Kopf unter Wasser. Die Bestände der Wasseramsel sind relativ stabil, aber Mönig beobachtet, dass die geringen Niederschläge im Frühjahr die Lebensbedingungen der Bachvogelfauna beeinflussen. „Die Vögel entscheiden sich im Februar und März, welche Reviere sie besetzen - und das fällt in die Trockenphase der Bachläufe.“

Sollte sich die Trockenheit fortsetzen, besteht die Gefahr, dass der Bestand weiterer Arten abnimmt. Pferdekoppeln am Waldrand sind zum Beispiel ein idealer Ort für Stare, um Insekten und Regenwürmer zu picken. Doch wegen der Trockenheit der vergangenen Sommer ist der Boden knochenhart. Die Goldhähnchen leiden unter dem Fichtensterben, das vom Borkenkäfer verursacht wird. Hausspatzen haben sich in Wuppertal behauptet, der Feldsperling ist auf dem Rückzug.

„Fast jede Art hat im Bestand abgenommen“, lautet die Bilanz von Rainer Mönig. Dem stimmt Jörg Liesendahl zu. „Die Orte in der Stadt, wo man das Artensterben erkennen kann, sind sehr verbreitet. Die Orte, wo man es nicht sehen kann, sind sehr selten geworden“, sagt Liesendahl. Beide machen dafür den Einfluss des Menschen auf die Natur geltend. Bis zur Jahrtausendwende war der Ruf des Kuckucks auch auf Wuppertaler Stadtgebiet zu hören. „Dass sich der Kuckuck aus der Region verabschiedet hat, liegt daran, dass er nicht mehr genug Wirtsvögel bei uns findet, denen er seine Eier unterschieben konnte“, nennt Rainer Mönig den Grund, dass sich der Vogel in Wuppertal zwar noch besingen lässt, aber wohl nie wieder zu hören ist.