August-Jung-Weg in Wuppertal Panne im Rathaus spielt den Gegnern der Bebauung in die Hände
Wuppertal · Die Stadt befindet sich immer noch in der Prüfphase, heißt es aus dem Rathaus. Anwohner am Katernberg erweitern ihre Klage.
„Wir klagen“ steht auf einem großen Transparent, das die IG August-Jung-Weg an der Wiese am Katernberg aufgehängt hat - und mit dem sie ihren Widerstand gegen die geplanten Wohnhäuser dort deutlich macht. Die Klage ist bereits eingereicht und wird noch einmal erweitert. Denn die Posse um die möglicherweise formal falsche Einladung zu den drei jüngsten Ratssitzungen in der Historischen Stadthalle (es fehlte die Adresse Johannisberg 40) spielt den Gegnern des Bebauungsplans für das Areal am Katernberg in die Hände. Sie zweifeln dadurch die Rechtmäßigkeit des Ratsbeschlusses vom 11. Mai an. Ein zunächst verwaltungsinternes Scharmützel um eine vermeintlich falsche Einladung für das oberste Stadtgremium erhält dadurch eine öffentliche Bedeutung und wird zum Gegenstand einer juristischen Bewertung.
Der ganze Vorgang befinde sich aktuell noch in der Prüfung. Eine Einschätzung solle nächste Woche erfolgen, heißt es aus dem Rathaus. Zu konkreten Beschlüssen und der Frage, ob die in den drei Ratssitzungen getroffenen Beschlüsse nun anfechtbar seien, wolle man sich deshalb nicht äußern.
„Die hier angenommenen Bekanntmachungsmängel können jederzeit und durch Jeden (Bürger, Ratsvertreter, Aufsichtsbehörde) gerügt und geltend gemacht werden“, hatte Rechtsamtsleiter Olaf Radtke Mitte Juni in einem Schreiben gegenüber OB Andreas Mucke erklärt. Die IG August-Jung-Weg um Sprecher Andre Helsper spricht von einer „Flanke“, die die Stadt öffne, um juristisch vorzugehen, und ist jetzt offenbar die Erste, die den Ball aufgreift. Allerdings wird dieser Punkt nur ein Bestandteil im sogenannten Normenkontrollverfahren sein, für das die IG am 18. Juni - einen Tag nach Bekanntmachung des B-Plans durch die Stadt - einen Antrag beim Oberverwaltungsgericht Münster eingereicht hat.
Neben dem „Ladungsmangel“ moniert die IG fehlerhafte und widersprüchliche Unterlagen. Ein weiterer Kritikpunkt sind angeblich falsch berechnete und veraltete Gutachten. In einer Stellungnahme zeichnet Helsper ein Was-wäre-wenn?-Szenario auf: Der B-Plan, so die Hoffnung der Gegner, könnte später für ungültig erklärt werden, damit würden auch die Baugenehmigungen ihre Rechtskraft verlieren. Bis dahin werden die Arbeiten auf dem Gelände - aktuell ist laut Investor von 15 Häusern statt 17 Grundstücken die Rede - aber schon gestartet sein. Helsper spricht von weitreichenden Folgen und führt unter anderem mögliche Schadensersatzforderungen gegen die Stadt von Seiten der neuen Bauherren als Beispiel an.
Reese (SPD) sieht die
Beschlüsse nicht in Gefahr
Man sehe der Klage relativ gelassen entgegen, sagt dagegen Marc Walter vom Planungsamt. Aus Sicht der Stadt sei der Satzungsbeschluss rechtmäßig zustandegekommen. Dass betreffe auch alle Inhalte und Abwägungen.
Sollte das OVG Münster Fehler im B-Plan finden, hieße das, anders als es die IG darstelle, auch nicht direkt, „dass nicht gebaut werden darf“, betont Walter. „Es gibt Fehler, die geheilt werden können.“ Unter Umständen müssten zum Beispiel einzelne Verfahrensschritte wiederholt werden. Dass es soweit komme, davon gehe er aber gar nicht aus.
Einen ähnlichen Fall wie am August-Jung-Weg hatte es vor einigen Jahren an der Hindenburgstraße im Zooviertel gegeben. Anwohner waren Sturm gegen geplante Häuser direkt an der Samabatrasse gelaufen und hatten ebenfalls ein Normenkontrollverfahren angestrengt. Um den Start der Bauarbeiten zu verhindern, hatten sie zudem einen Antrag auf „einstweilige Anordung“ gestellt. Dies könne auch die IG August-Jung-Weg machen, erklärt Walter. Laienhaft ausgedrückt geht es dabei um ein „Frühurteil“, also eine Einschätzung des Gerichts. Beim Thema Hindenburgstraße sei damals schon zwischen den Zeilen zu lesen gewesen, dass das Verwaltungsgericht den B-Plan höchstwahrscheinlich nicht kippen würde. Die Häuser waren im Bau, als die endgültige Entscheidung fiel - und die Anwohner verloren.
Vor Gericht landen immer wieder Bauprojekte. Erst im vergangenen Jahr hatten Nachbarn am Katernberger Schulweg gegen eine Bebauung dort gegen die Stadt geklagt, die Klage dann aber zurückgezogen.
Auf der Verliererseite sah sich die Stadt allerdings auch schon, etwa an der Uellendahler Straße. Lidl will dort einen Markt auf dem Areal der ehemaligen Firma Nätebusch bauen, die Stadt wollte das verhindern. Vor Gericht gewann der Discounter, die Pläne hat er aber noch nicht realisiert.
Die Gefahr, dass alle Beschlüsse der jüngsten drei Ratsitzungen wegen einer falschen Einladung erfolgreich angefochten werden könnten, sieht zum Beispiel der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Jürgen Reese nicht. „Es wurden Stadtverordnete eingeladen. Ich würde es schade finden, wenn die nicht wüssten, wo die Stadthalle zu finden ist“, sagt Reese. In einer Sondersitzung die Ratsbeschlüsse „im vorbeugenden Gehorsam“ noch einmal zu bestätigen, hält er vor allem in den Sommerferien für zu teuer und aufwändig, da Stadtverordnete aus dem Urlaub geholt werden müssen. „Eine Sondersitzung des Rates wäre immer noch möglich, sollten sich die Dinge konkretisieren. Das sehe ich so nicht. “