Stadtjubiläum Aus dem Wuppertal in die Welt: Mission ist älter als die Stadt

Gastbeitrag Rund 3000 Missionare und Missionsschwestern begannen ihren Weg in der Rudolfstraße.

Links: Die VEM-Aufsichtsratsmitglieder (v.v.l.) Tetty Aritonang, Rosmalia Barus, Willem Simarmata (alle Indonesien); (h.v.l.) Martin Rumanya Purba (Indonesien), Abednego Keshomshahara (Tansania), Jered Kalimba (Ruanda), Reuel Marigza (Philippinen). Rechts: Das Missionshaus.

Foto: ja/vem

Seit 1828 ist die Mission mit ihrer Hauptverwaltung in der Rudolfstraße zu Hause. Entstanden ist die damalige Rheinische Missionsgesellschaft (RMG) aus dem Zusammenschluss der Elberfelder und der Barmer Missionsgesellschaften sowie der Missionsgesellschaften in Köln und Wesel.

1829 wurde die RMG als altrechtlicher Verein nach preußischem Recht registriert. Als solcher steht die Rechtsnachfolgerin, die Vereinte Evangelische Mission (VEM), heute noch im Vereinsregister. Derzeit arbeiten rund 70 Mitarbeitende im 1981 eingeweihten Missionshaus. Weitere VEM-Standorte in Bielefeld-Bethel, Dar-es-Salaam (Tansania) und Nordsumatra (Indonesien) kamen später hinzu.

Seit der ersten Aussendung der RMG 1829 ins heutige Südafrika bis heute sind in die Missionsgebiete Afrikas, Asiens und Ozeaniens und schließlich in die Länder der heutigen Mitgliedskirchen rund 3000 Missionare und Missionsschwestern ausgesandt worden. Viele Jahre wurden sie zuvor an der Barmer Missionsschule auf ihre Arbeit vorbereitet.

Mission im Wandel
der Zeiten

Das bekannteste Beispiel missionarischen Wirkens ist wohl die südafrikanische Kleinstadt Wupperthal, die 1829 von den ersten rheinischen Missionaren Theobald von Wurmb und Johann Gottlieb Leipoldt gegründet wurde – weit vor der Gründung der Metropole im Bergischen Land.

Aus der damaligen RMG, die ihre Missionare und später auch Schwestern zur „Heidenbekehrung“ aussandte, ist heute eine zeitgemäße internationale Gemeinschaft geworden, bestehend aus 38 evangelischen Kirchen in zwölf Ländern und mit den von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel als weiterem Mitglied. Sechs deutsche Landeskirchen sind VEM-Mitglieder. Mit 15 Mitgliedskirchen aus Afrika und 17 aus Asien ist die Mission heute in jeder Hinsicht interkulturell geprägt. Man kommuniziert ausschließlich auf englisch.

„Das Verhältnis von Kolonialismus und Mission muss differenziert betrachtet und kann nur gemeinsam mit den Kirchen in Asien und Afrika aufgearbeitet werden. Mit der afrikanischen und asiatischen Mehrheit stehen bei uns die Interessen der Deutschen schon lange nicht mehr im Vordergrund“, so der heutige Generalsekretär der VEM, Volker Martin Dally.

Seit 1996 werden alle wichtigen Entscheidungen von allen Mitgliedern auf gleichberechtigte Weise getroffen. Dazu gehört, dass einige Vorstandsposten von afrikanischen und asiatischen Mitarbeitern besetzt werden. Ob sich Kommerzialrat Heinrich Mittelsten Scheid, 1907 bis 1919 Präses der Missionsgesellschaft, vorstellen konnte, dass die Mission fast 100 Jahre später unter der Leitung eines afrikanischen Theologen stehen würde? Von 2006 bis 2015 leitete der tansanische Pfarrer Dr. Fidon Mwombeki die VEM vom Wuppertaler Missionshaus aus.

Was macht die
weltweite Mission heute?

Die VEM ist ein Experten-Netzwerk, das in alle Richtungen wirkt. Beispielsweise arbeitet ein Pfarrer aus Indonesien für einige Jahre in der Gemeinde der Thomas-Kirche in Wuppertal oder ein kongolesischer Arzt in Westpapua. Junge Menschen können ein Jahr lang an einem entwicklungspolitischen Projekt in Afrika oder Asien mitarbeiten, dafür kommen junge Christen aus den afrikanischen und asiatischen Kirchen für ein Jahr in soziale Einrichtungen in Deutschland. Ein Projekt unterstützt die Herstellung umweltschonender Kochöfen in Ruanda. Bei den in Südostasien häufigen Naturkatastrophen kann die VEM schnell helfen, weil ihre Mitgliedskirchen bereits vor Ort sind. Finanziert wird die Arbeit vor allem durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und Drittmittel.

Mission heißt auch interreligiöser Dialog, daher kommt es der VEM auf gute Beziehungen zum Beispiel zu Moschee-Gemeinden an. Dabei greift die Kirchengemeinschaft auf die vielen Erfahrungen zurück, die ihre Mitglieder in Ländern wie Indonesien, Sri Lanka und Tansania im Umgang mit anderen Glaubensgemeinschaften gesammelt haben.

Im Tal sichtbar
und gut vernetzt

In Wuppertal gibt es zahlreiche Kooperationspartner wie das städtische Ressort für Zuwanderung und Integration, die Initiative für Demokratie und Toleranz oder den Verein wuppertalaktiv!. 2018 wurde mit dem Unterbarmer Bürgerverein und einigen hundert Mitwirkenden aus dem Quartier Loh ein Nachbarschaftsfest rund um das Missionshaus auf die Beine gestellt.

Damals wie heute spielt die Unterbarmer Hauptkirche eine bedeutende Rolle: Von hier aus wurden die Missionare mit Gottes Segen in die Welt gesandt. Durch die Mitgliedschaft der Evangelischen Kirche im Rheinland besteht eine enge Beziehung zum Kirchenkreis Wuppertal – wichtiges Bindeglied zu den Ortsgemeinden.

Praktisch für die Ausreise war einst die Nähe des Missionshauses zur Rheinischen Eisenbahnstrecke. Heute radeln viele über die Nordbahntrasse zur Wichernkapelle, die mit VEM-Mitteln gebaut wurde. Auch im Tod sind die Missionare mit Wuppertal verbunden. So hat die Mission bis heute ein Gräberfeld für heimkehrende Missionare und ihre Familien auf dem Friedhof an der Oberbergischen Straße reserviert.

Mehrere hundert Besucher kommen jährlich aus den Mitgliedskirchen ins Missionshaus. Eine wichtige Sehenswürdigkeit ist das „Museum auf der Hardt“ der Archiv- und Museumsstiftung der VEM, das die Missionsgeschichte im Tagungshaus auf dem heiligen Berg bewahrt. Direkt daneben liegt die Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel, mit der die VEM eine enge Zusammenarbeit pflegt.

Ungeachtet aller Weiterentwicklungen ist eine Sache seit 1828 unverändert geblieben: das Zeugnis des Glaubens als Kernauftrag der Mission.