Bildung Barmen hat eine Sprachschule mit Kinderbetreuung
Von Anke Strotmann · Die Idee, neben Integrationskursen auch eine Kinderbetreuung anzubieten, hatte Yasemin Sahin, die Inhaberin der Bergischen Sprachschule.
Die Räume in der ersten Etage sind hell und freundlich. Im Flur der Sprachschule sitzen elf Frauen an einem Tisch. Sie essen und trinken, verschiedene Sprachfetzen schwirren durch die Luft. Die Frauen sind Teilnehmerinnen eines Deutschkurses in der Bergischen Sprachschule. Viele von ihnen können nur hier sein, weil die Sprachschule neben dem Integrationskurs auch eine Kinderbetreuung anbietet.
So wie Danyah Ahmad aus Syrien. Die 22-Jährige ist als Familiennachzug nach Wuppertal gekommen und lebt seit zwei Jahren in Deutschland. Die Mutter von einem zweijährigen Sohn ist froh, den Sprachkurs besuchen zu können: „Wenn man in Deutschland lebt, kann man nicht atmen, wenn man nicht Deutsch sprechen kann.“ Es sei stressig, wenn man nicht selbst sein Leben organisieren könne und einen Termin nicht selbst vereinbaren kann – nur weil man die Sprache nicht spreche.
„Es reicht nicht, wenn man
ein Kilo Tomaten kaufen kann“
Die Syrerin Amani Shebadeh hat drei Kinder. Zwei gehen in die Schule, das jüngste ist zwei Jahre alt und wird in der Bergischen Sprachschule betreut, während sie Deutsch büffelt. Für sie ist auch die soziale Komponente der Betreuung wichtig. „Meine Tochter findet Freunde in der Betreuung und lernt schon erste deutsche Wörter“, sagt Shebadeh.
Die Idee, neben Integrationskursen auch eine Kinderbetreuung anzubieten, hatte Yasemin Sahin. Die Inhaberin der Bergischen Sprachschule kam mit 13 Jahren aus der Türkei nach Deutschland. „Es ist heute noch ein Trauma für mich, in ein fremdes Land zu kommen und die Sprache nicht zu beherrschen“, sagt sie. In der Türkei hatte sie das Gymnasium besucht, in Deutschland wurde sie auf die Hauptschule geschickt. „Ich hatte einen Kulturschock im negativen Sinn“, berichtet Sahin, die damals oft gemobbt wurde. Sie machte die Erfahrung, dass mangelnde Sprachkenntnisse zu Aggressionen führen, „wenn man nicht ausdrücken kann, was man fühlt“.
Yasemin Sahin ist überzeugt: „Mit der Sprache fängt alles an.“ Deshalb ist es für sie so wichtig, dass gerade Frauen, die sich um Kinder und damit eine neue Generation kümmern, die Sprache der neuen Heimat sprechen. „Es ist viel wichtiger, dass die Mütter Deutsch lernen – und nicht die Männer. Sie sind es, die sich um die Kinder kümmern.“ Das werde spätestens mit der Einschulung der Kinder wichtig. „Die Mütter können dann zum Elternsprechtag gehen und die Lehrerin verstehen“, sagt Sahin, die aus eigener Erfahrung weiß, dass die Kommunikation in Deutschland ganz anders funktioniert als zum Beispiel in der Türkei.
Bis vor zwei Jahren hatte die Bergische Sprachschule hauptsächlich männliche Teilnehmer. Heute werden hauptsächlich Frauen unterrichtet. Das liegt auch daran, dass die Sprachschule bis zu 72 Kinder betreuen kann. „Wir haben im Oktober 2017 mit zwei Betreuerinnen angefangen, heute haben wir 25 sozialversicherungspflichtige Angestellte“, sagt Sahin. Eine Erzieherin passt jeweils auf sechs Kinder unter drei Jahren auf.
Die Betreuung der „Löwenkinder“ findet währen der Unterrichtszeiten von 9 bis 14.30 Uhr in eigenen Räumen statt. „Früher fingen die Kurse schon um 8 Uhr an, jetzt haben wir kinderfreundlichere Zeiten“, sagt Sahin, die immer wieder betont, dass es eine verantwortungsvolle Aufgabe ist, sich um die Personengruppe zu kümmern. „Geflüchtete Frauen haben manchmal Panikattacken, in denen sie in großer Sorge um ihre Kinder sind“, sagt sie.
Sie und ihre Kolleginnen lösen diese Situationen mit Herz und einer großen Portion Idealismus. „Kinder, die in Deutschland groß werden, brauchen eine Mutter, die Deutsch spricht“, sagt sie. Das sei das eigentliche Thema: dass die Kinder bessere Chancen bekommen. „Dann können sie bessere Schulen besuchen und werden es leichter haben“, sagt Yasemin Sahin. „Es reicht nicht, wenn man ein Kilo Tomaten kaufen kann.“