Wuppertaler Wirtschaft „Der Kunde ist jederzeit Herr der Daten“

Die Barmenia, ein starkes Unternehmen im Bergischen, setzt auf Digitalisierung.

Andreas Eurich, Vorstand der Barmenia (l.), im Gespräch mit Andreas Boller, stellvertretender Leiter der Lokalredaktion Wuppertal.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Einfach. Menschlich. Mit diesem Zusatz haben die Barmenia Versicherungen ihr Unternehmenslogo versehen und ihr Markenprofil geschärft. Eines der umsatzstärksten Unternehmen im Bergischen Land mit Sitz in Wuppertal setzt in einer Zeit, in der digitale Angebote auf vielen Gebieten menschliche Dienstleistungen ersetzen, intensiv auf emotionale Werte wie „menschlich“ und „passioniert“. Doch das ist nur eine Seite der Medaille, denn die Barmenia verschließt sich nicht der digitalen Transformation und bietet zugleich neue elektronische Angebote für ihre Kunden in vielen Geschäftsbereichen an. Wie in anderen großen Dienstleistungsunternehmen wird bei der Barmenia die Digitalisierung als Chance aber auch als große Herausforderung verstanden. Und deshalb setzt das Unternehmen neben tausenden Beratern zunehmend auch auf elektronische Hilfen und den Kollegen Computer.

Die Vivy App, die Barmenia-Kunden nutzen können, dient zum Beispiel als elektronische Gesundheitsakte mit persönlichem Assistenten. Die Daten können beim jeweiligen Arzt angefragt und nach Bedarf für weitere Ärzte freigegeben werden. Zudem bietet Vivy eine Erinnerungsfunktion für Arzttermine sowie die Medikamenteneinnahme. Die Vivy-App ist Teil eines Gesundheitsökosystems, das Patienten mit Ärzten, Laboren, Krankenhäusern sowie Krankenkassen und -versicherungen verbindet.

„Der Kunde ist jederzeit Herr der Daten. Er kann sie zur Verfügung stellen, wenn er es möchte. Über digitale Angebote können wir ihm das Leben leichter machen, zum Beispiel bei einem Arztwechsel“, sagt der Vorstandsvorsitzende Andreas Eurich. Für die Barmenia spiele aber die Beratung „von Mensch zu Mensch“ weiterhin eine entscheidende Rolle. So zum Beispiel, wenn es um komplexe Vorgänge wie die Planung der Altersvorsorge geht“, sagt Eurich. Der Kunde nutze digitale Informationen. Bei beratungsintensiven Versicherungen wie der Krankenversicherung erwarte er aber auch auf ihn zugeschnittene Angaben. Auf die Mitarbeiter kämen wachsende Qualitätsanforderungen zu, da jeder Kunde Gelegenheit habe sich selbst im Internet über Angebote zu informieren. „Machen wir gern“, heißt das Motto, unter dem jeder Kundenkontakt und jede Beratung in Zukunft stehen soll.

Wachsende Konkurrenz
um Fachkräfte

Wobei sich die Barmenia auf dem Arbeitsmarkt der wachsenden Konkurrenz um Fachkräfte stellen muss. Der Job des Beraters im Vertrieb ist zuweilen hart und oft sehr anspruchsvoll. Daher ist dieser Beruf nicht immer erste Präferenz für einen Berufsanfänger. Dem will das Unternehmen mit einer qualifizierten Ausbildung und einer branchengerechten Weiterbildung begegnen.

Die Barmenia will zudem den Call-Centern rein digital aufgestellter Versicherungen, die im Internet zuweilen mit dubiosen Angeboten locken, Qualität in der digitalen Betreuung entgegenstellen. Wer bei der Barmenia eine Lebensversicherung abgeschlossen hat, kann den Service Verimi nutzen, der einen Login für viele Plattformen bietet. „Der Kunde kann seinen Zugang sehr komfortabel bei einer Vielzahl von Partnern nutzen. Das erspart Zeit und das lästige Verwalten vieler Passwörter. Ein Service, der den Alltag deutlich erleichtert“, so Eurich.

 Den Weg der Transformation hat das Unternehmen bisher erfolgreich bestritten, obwohl sich das Umfeld für die Versicherer in den vergangenen Jahren schwieriger gestaltet. Die Barmenia Versicherungen verzeichneten 2018 ein Beitragswachstum von 3,1 Prozent auf 2,18 Milliarden Euro. „Wir freuen uns, dass wir unsere Wettbewerbsposition weiter stärken konnten. Das ist in Zeiten stetiger Regulierung und niedriger Zinsen herausfordernd“, sagt Eurich. Mit der Entwicklung im ersten Quartal war er ebenfalls zufrieden. „Wir sind deutlich stärker gewachsen als der Markt.“

Rund 12000 selbstständige Berater und 1700 eigene Vermittler sind für die Unternehmensgruppe im Einsatz. Strukturell habe sich die Digitalisierung bereits auf die Belegschaft ausgewirkt, als Instrument für den Stellenabbau sei die digitale Transformation aber nicht vorgesehen. Die weitere Entwicklung stehe immer unter der Maßgabe, dass die Barmenia-Gruppe weiteres Wachstum generieren könne, so Eurich. Zum optimistischen Ausblick trägt für ihn bei, dass die Regierungskoalition die Idee zu einer Einführung einer Bürgerversicherung nicht weiterverfolge. „Eine neue Bundesregierung könnte das Thema aber wieder aufgreifen“, sagt Eurich.

Dass das bergische Städtedreieck als digitale Modellregion ausgewählt worden ist, begrüßt der Barmenia-Vorstandsvorsitzende. Denn für die Städte Wuppertal, Solingen und Renscheid gilt wie für die Barmenia: Die Digitalisierung birgt Risiken - aber sie eröffnet viele neue Möglichkeiten.