Wuppertal Baumschutz - bis heute Streitthema

Vor zehn Jahren hat die Stadt die Baumschutzsatzung abgeschafft. Bis heute scheiden sich an dem Thema die Geister.

Foto: Andre Poloczek

Wuppertal. Vor zehn Jahren hat Wuppertal seine Baumschutzsatzung abgeschafft. Seitdem können Grundstücksbesitzer Bäume fällen, ohne eine Behörde um Erlaubnis zu fragen. „Traurig“ finden das die Grünen, „eine richtige Entscheidung“, zieht die CDU Bilanz.

Henrike Mölleken, Abteilungsleiterin im Ressort Umweltschutz der Stadt, erklärt: „Das war eine politische Entscheidung.“ Sie hätten damals befürchtet, dass es zahlreiche Fällungen geben wird, „das ist zum Glück nicht geschehen.“ Aber sicher seien in den letzten zehn Jahren auch stadtprägende Bäume gefällt worden, sagt sie. Wie viele das sind, lässt sich aber nicht feststellen — denn das wird ja nun nicht mehr gezählt.

Sie kann aber Durchschnittszahlen aus der Zeit der Baumschutzsatzung nennen, ermittelt in den Jahren 2000 bis 2004: Da wurden pro Jahr etwa 985 Anträge auf Fällung oder Rückschnitt gestellt - wobei ein Antrag mehrere Bäume umfassen konnte. In Jahr wurden durchschnittlich 1700 Bäume gefällt. Dafür wurden 1200 Ersatzbäume gepflanzt. Etwa 150 Bäume seien pro Jahr dadurch erhalten geblieben, dass die Fällung abgelehnt wurde oder die Besitzer durch Beratung umgestimmt wurden.

Bis 2006 galt, dass Laub- und Nadelbäume nicht gefällt werden durften, wenn ihr Stamm auf ein Meter Höhe mehr als 80 Zentimeter Umfang hatten. Wer den Baum auf seinem Grundstück trotzdem loswerden wollte, musste einen Antrag stellen. Die Expertin betont, dass man durchaus Verständnis für viele Antragsteller gehabt habe. Oft hätten diese Bäume fällen wollen, die sie in den 60er und 70er Jahren gepflanzten hatten und die inzwischen größer geworden waren als erwartet.

„Blauzedern zum Beispiel“, erinnert sie sich. Die seien den Menschen häufig über den Kopf gewachsen, hätten Dachrinnen verstopft, ihre Wurzeln hätten die Häuser oder auch Leitungen im Boden bedroht. „Wir haben deshalb einer Fällung auch oft zugestimmt.“ Die Grundstückbesitzer hätten dann aber Ersatzbäume pflanzen oder eine entsprechende Zahlung leisten müssen.

Als die Satzung abgeschafft wurde, liefen viele Wuppertaler Sturm. Eine Initiative versuchte sogar ein Bürgerbegehren. Doch die erforderliche Unterschriftenzahl von 11 000 wurde knapp verfehlt. Auch gibt es häufig Protest, wenn jemand Säge oder Axt an einen Baum setzt.

Um erhaltenswerte Bäume zu schützen, hat die Stadt damals die Bürger aufgerufen, Bäume zu melden, die als Naturdenkmal unter besonderen Schutz gestellt werden können. Seither hätten fast 500 Bäume mehr ein Schild erhalten, das sie als Naturdenkmal ausweist. Seit Abschaffung der Satzung gelte außerdem das Baumförderprogramm. Danach können sich Grundstücksbesitzer bei der Pflanzung beraten lassen. Die Experten erklären dann, wie groß die Pflanzen werden, ob sie für den Platz geeignet sind und welchen Abstand man von der Grundstückgrenze oder Leitungen im Boden halten soll. Damit soll im Vorfeld verhindert werden, dass Bäume nach einigen Jahren gefällt werden müssen. Auch bei Problemen kann man sich an die Stadt wenden.

Dieses Programm sei „grundsätzlich gut“, sagt Bettina Brücher von den Grünen. „Aber das ist kein Ersatz für eine Baumschutzsatzung.“ Sie glaubt, dass inzwischen viele Bäume gefällt wurden, wo es nötig gewesen wäre. Das Argument, die Baumschutzsatzung enge die Grundstücksbesitzer ein, lässt sie nicht gelten: „Wir wollten eine bürgerfreundliche Satzung, die nicht dogmatisch angewendet wird.“

„Bürger- und baumfreundlich“ sei die Entscheidung gewesen, die Satzung abzuschaffen, findet dagegen Maria Schürmann (CDU). Den prophezeiten Kahlschlag habe es nicht gegeben. Das sei ein positives Beispiel dafür, wie das Miteinander im Sinne der Beteiligten gestaltet werden könne, statt Bürger zu bevormunden.