Bayer wächst mit den Aufgaben

Am Standort Wuppertal investiert der Bayer-Konzern in neue Gebäude und in Forschungsprojekte.

Foto: Stefan Fries

Der Bayer-Konzern hat im vergangenen Jahr rund 240 Millionen Euro in den Standort Wuppertal investiert. 159 Millionen Euro gab Bayer für neue Anlagen aus, 81 Millionen für die Modernisierung und Instandhaltung bereits bestehender Gebäude. Für 2018 sind Investitionen in Höhe von rund 290 Millionen Euro geplant, 189 Millionen in Neubauten. Im Herbst soll das neue voll automatisierte Lager für Wirkstoffe und Zwischenprodukte im Elberfelder Werk in Betrieb genommen werden. Für das neue Laborgebäude auf Aprath (Länge 135 Meter) ist die Eröffnung 2020 eingeplant, sagte Werksleiter Holger Weintritt (48) in der Jahrespressekonferenz am Mittwoch.

Bayer expandiert in Wuppertal, weil dort vor allem im Bereich der verschreibungspflichtigen Medikamente wirtschaftlich erfolgreich Forschung betrieben wird. Ein Beispiel ist der Gerinnungshemmer Xarelto. Ein Medikament, das die Erwartungen weit übertroffen habe, so der Werksleiter. Die Produktivität und das Zusammenspiel von Forschung und Entwicklung auf Aprath und im Elberfelder Werk schlagen sich in der wachsenden Zahl an Mitarbeitern nieder. Sie hat sich (Stand März 2018) auf 3570 erhöht. Knapp 1600 Mitarbeiter sind im Forschungszentrum Aprath tätig, 2000 im Elberfelder Werk. „Die qualifizierten Arbeitskräfte sind im Wesentlichen das, was die Stärke des Standortes ausmacht“, sagt Weintritt, der zum 1. April die Nachfolge von Klaus Jelich angetreten hat.

Zwischen einer und zwei Milliarden Euro kostet es, ein neues Medikament zu entwickeln und es über drei Testphasen bis zur Zulassung zu bringen. 2021 könnte das Medikament Finerenone auf den Markt kommen, das zurzeit in der Phase III weltweit an 11 000 Patienten mit Schädigungen der Nieren und bei chronischer Herzschwäche in einer Langzeitstudie getestet wird. In den Phasen I und II hat der Wirkstoff, der in Wuppertal maßgeblich von dem Bayer-Forscher Peter Kolkhof entwickelt worden ist, sehr gute Ergebnisse erzielt.

Prof. Frank Eitner schreibt Finerenone das Potenzial zu, vielen Menschen, deren Nieren geschädigt sind, zu helfen. Ziel sei es, die Dialyse zu vermeiden oder zumindest den Zeitpunkt, an dem die Dialyse unvermeidlich ist, hinauszuschieben. „Die Forschung hat bereits vor mehr als 15 Jahren begonnen, aber erste Medikamente hatten starke Nebenwirkungen, die bei Finerenone nicht aufgetreten sind“, erklärt Prof. Eitner, der als Nierenspezialist seit sechs Jahren für Bayer arbeitet. Bei der Suche nach dem Wirkstoff hatten die Bayer-Forscher Zugriff auf 4,5 Millionen Substanzen, die in der sogenannten Substanzbibliothek am Standort Wuppertal vorrätig sind. Dieser Schatz an Substanzen wird ausgebaut. Vor 15 Jahren waren es „nur“ etwa eine Million Substanzen.

Dass sich der Einsatz von mehr als einer Milliarde Euro am Ende rechnet, ist ungewiss. Entscheidend sind die Ergebnisse der Phase III, die bis 2020 dauert. Im Idealfall könnten die Patienten ab 2021 mit der Einnahme einer Tablette pro Tag den Funktionsgrad der bereits durch Diabetes oder Bluthochdruck geschädigten Nieren erhalten oder zumindest die weitere Schädigung bremsen. Die Niere ist das einzige Organ, das komplett ersetzt werden kann. Wenn eine Dialyse erforderlich wird, ist es aber eigentlich schon zu spät. „Immer mehr Menschen sind weltweit von der Dialyse abhängig. Diese Patienten müssen dreimal in der Woche vier bis sechs Stunden zur Blutwäsche. Das ist sehr aufwendig für sie und für die Gesellschaft wird es immer teurer“, sagt Prof. Eitner und beschreibt so die Bedeutung der aktuellen Forschung.