Interview Bayers Doppelspitze in Wuppertal

Wuppertal · Martina Peters und Bert Lorenz über Umstrukturierungen und die Zukunft des Standortes.

Bert Lorenz und Martina Peters bilden die neue Doppelspitze.

Foto: Andreas Fischer

Frau Peters, Herr Lorenz, Sie bilden die neue Doppelspitze im Bayer-Standort Wuppertal. Vorher hatte Maik Eckelmann die Leitung inne. Wie sind die Aufgaben nun verteilt?

Martina Peters: Im Rahmen der Umstrukturierungen im Unternehmen bilden wir nun eine Doppelspitze, in der ich die Leitung des Supply Centers im Bergischen übernommen habe. Das heißt, für alle produktionsbezogenen Themen bin ich die Ansprechpartnerin. Intern sollte das aber keine Rolle spielen. Die Mitarbeiter können uns beide immer ansprechen. Wir bilden ein Team und sehen uns als Sparringspartner, mit dem man Themen spiegeln kann.

Bert Lorenz: Ich bin seit März in der Rolle der Standortleitung, bin zusätzlich für die Themen Arbeitssicherheit, Gesundheit und Umweltschutz auch für die Standorte in Berlin, Bergkamen und Wuppertal zuständig. Mein Schwerpunkt liegt im Bereich Infrastruktur-Dienstleistungen für die pharmazeutische Forschung, Entwicklung und Produktion.

Hängt die Schaffung der Doppelspitze mit den Umstrukturierungen im gesamten Bayer-Konzern zusammen?

Peters: Grundsätzlich haben wir uns als Unternehmen einer neuen Art zu arbeiten verschrieben. DSO (Dynamic Shared Ownership) geht unter anderem mit einem stärkeren Teilen der Verantwortung einher. Im Praktischen bedeutet das: Wenn jemand eine gute Idee hat, muss er nicht mehr durch viele Gremien und sich die Erlaubnis holen, sich diesem Thema zu widmen. Der Mitarbeiter kann stattdessen Gleichgesinnte suchen und loslegen. Daraus resultiert auch ein Abbau von Hierarchien und Führungsebenen. Die Aufteilung der Schwerpunkte auf uns beide verfolgt ebenfalls diesen Ansatz.

Wenn Sie sagen, dass Hierarchieebenen entfallen, was bedeutet das für den Standort Wuppertal und seine Mitarbeiter?

Peters: Wir schauen uns momentan noch an, wie das Konzept auf Wuppertal übertragen wird. Aber natürlich können und werden auch hier Ebenen eingespart. Dazu gibt es auch für den gesamten Konzern Programme, in denen Mitarbeitern mithilfe eines finanziellen Paketes die Möglichkeit gegeben wird, das Unternehmen zu verlassen. Das ist einerseits natürlich schade, weil wir Kollegen und Expertise verlieren. Zum anderen gewinnen wir Flexibilität und Dynamik.

Können Sie das auch für Wuppertal in Zahlen ausdrücken? Wie viele Mitarbeiter müssen gehen?

Peters: Nein, Zahlen gibt es dazu für Wuppertal noch nicht. Wir sind gerade mitten in der Transformation. Wir sind für die Produktion der erste Standort, der das Konzept umsetzt. Aus sechs Produktionseinheiten haben wir drei Cluster gebildet und jeweils die Leitungen von mehreren Einheiten zusammengelegt. Das ist schon passiert. Aber es wird noch eine Zeit dauern, bis wir alle Maßnahmen abgeschlossen haben.

Gibt es denn einen Zeitplan?

Lorenz: Einen Zeitplan, wie in klassischen Umstrukturierungsprogrammen gibt es nicht. Die Zeit ist auch nicht der entscheidende Punkt. Wir wollen unseren Mitarbeitern ermöglichen, weniger hierarchie- und bürokratiegetrieben zusammenzuarbeiten. Das soll übrigens auch über die Grenzen des Standortes hinausgehen. Am Beispiel Arbeitssicherheit können die Kollegen nun schauen, wie das die Kollegen in Bergkamen und Berlin machen und wie wir gemeinsam entscheiden können, was das Beste für alle ist.

Wie wird die neue Freiheit von den Mitarbeitern angenommen?

Peters: Momentan sind die Reaktionen gemischt. Es gibt Teams und Abteilungen, die schon vorher übergreifend gearbeitet haben. Wir erfinden nicht alles neu, sondern richten ab sofort den Fokus stärker auf die Art, wie wir arbeiten und ob es unseren Patienten zu Gute kommt. Da gibt es natürlich Kollegen, die das ganz toll finden. Es gibt aber auch Mitarbeiter – und die muss man genauso ernst nehmen – die verunsichert sind. Auch das bringt so ein Transformationsprozess mit sich. Jeder hat seine Geschwindigkeit, mit der er durch einen solchen Prozess geht. Unsere Aufgabe, also von Bert und mir, ist es, alle Mitarbeiter abzuholen und dabei zu begleiten.

Lorenz: Obwohl wir sagen, wir nehmen Führung raus, braucht der Prozess selber hingegen eine sehr gute Führung. Es gibt Mitarbeiter, denen hat die Hierarchie Sicherheit gegeben.

Wollen Sie mit flachen Hierarchien auch junge Fachkräfte gewinnen?

Lorenz: Ein ganz klares Ja. Wir wollen mit dem neuen Konzept als Arbeitgeber unsere Attraktivität erhalten und steigern.

Im ersten Halbjahr ist das Gesamtergebnis des Konzerns um 6,8 Prozent eingebrochen. Wie spielt Wuppertal in dieses Ergebnis rein?

Peters: Wuppertal in die Gesamtzahlen einzuordnen, ist schwer. Aber: Am Standort Wuppertal gibt es verschiedene Produkte, die hergestellt werden. Wir decken die Bereiche Herzkreislauf, Onkologie sowie Zell- und Gentherapie ab. In einigen dieser Bereiche gab es kürzlich positive Studienergebnisse. Das ist relevant, denn wenn eine Studie positive Ergebnisse liefert, lässt das hoffen, dass es eine Produktion gibt und wir so Patienten weltweit versorgen können. Ich kann nicht sagen, was das jetzt konkret für die kommenden Zahlen heißt. Aber es ist tendenziell ein gutes Zeichen.

Woran wird in Wuppertal genau gearbeitet?

Lorenz: Wir forschen in den drei eben genannten Bereichen an neuen Wirkmechanismen, um Krankheiten zu heilen oder besser zu therapieren. In der Forschung fängt alles an. Anschließend wird der Wirkstoff und ein Medikament entwickelt und es geht in verschiedene Versuchsreihen, die hoffentlich dazu führen, dass irgendwann die Marktreife da ist. Wuppertal ist von Forschung über Entwicklung bis zur Wirkstoffproduktion involviert. Wenn der Wirkstoff produziert ist, geben wir ihn weiter im Netzwerk an die Standorte, die ihn zum Beispiel zu Tabletten weiterverarbeiten.

Welche bekannten Medikamente wurden denn schon im Bergischen entwickelt?

Lorenz: Wir sind als Standort an einer Menge verschreibungspflichtiger Medikamente beteiligt. Das mit Abstand bekannteste Produkt, das rezeptfrei erhältlich ist, dürfte Aspirin sein.