Kolumne Sind wir auf dem richtigen Weg?

Uwe Becker über das Klima, Politik und Fußball.

 Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Foto: Joachim Schmitz

Nach einem langen Sonntagsspaziergang - beinahe hätte ich mir den rechten Fuß umgeknickt, ging aber gerade noch gut, kehrte ich in meine Wohnung zurück, um wenig Stunden später im Fernseher eine kontrovers geführten Diskussion um die Klimapolitik der Bundesregierung, E-Scooter und innovative Mobilitätskonzepte beiwohnen zu dürfen, bei der man am Ende weiß, wie eigentlich immer nach solchen Sendungen, die Welt ist wirklich nicht mehr zu retten. Wenn in Zeiten höchster Not und Alarmstufe Dunkelrot ein Bundesverkehrsminister beleidigt erklärt, für die Waldbrände im Amazonas könnte man ihn aber nicht verantwortlich machen, fragt man sich schon, ist das so eine Art Schuldeingeständnis, für alles andere könnte man ihn ja ruhig verantwortlich machen? Nun ja, ganz unschuldig ist er an diesen Waldbränden nicht, der Andreas Scheuer, lässt er sich doch gerne ein saftiges Rumpsteak aus Brasilien schmecken. Aber natürlich isst der Minister schon lieber eine bayerische Schweinshaxe, und diese Tiere leben ja nicht im abgeholzten Regenwald, sondern in aus Tropenholz gefertigten Massengehegen.

Greta Thunberg kommt mit ihrer weltweit rekrutierten Freiwilligen Kinderfeuerwehr leider mehr als 100 Jahre zu spät, das ist die traurige Botschaft, die hinter jeder politischen Stellungnahme der verantwortlichen Parteien abzulesen ist. Ich kann sie alle, das tut mir auch sehr leid, nicht beruhigen oder gar auffordern, optimistisch in eine Zukunft zu blicken, die von einer nachhaltigen Umweltpolitik durch radikale Veränderungen in allen Lebens- und Produktionsbereichen geprägt ist. Das geht alles fein den Bach runter, glauben sie mir!

Hier bei uns in Wuppertal läuft ja vieles noch halbwegs normal und gewohnt ab. Bisschen Bockmist bauen da, ein wenig Korruption hier. Politik verdirbt halt den Charakter, nicht bei allen Politikern, aber doch bei sehr vielen. Wenn es zum Beispiel hier bei uns um Bäume geht, und ein Politiker der Grünen in einer Sitzung der Bezirksvertretung sagt, dass ein bestimmter Baum, der zur Fällung eventuell freigegeben werden soll, zwar ein guter CO2-Filter ist, aber auch viel Licht nimmt, dann weiß ich nicht, ob man lachen oder weinen soll.

Um den alltäglichen Wahnsinn dieser Welt ertragen zu können, bleiben mir persönlich nur wenige Möglichkeiten: Man könnte Zyniker werden oder in den bewaffneten Widerstand gehen. Meine Waffenphobie lässt mir keine Wahl. Ich werde ganz und gar dem Lieblingssport aller Deutschen verfallen und mich dem Heer der sogenannten 80 Millionen Bundestrainer anschließen. Kostprobe gefällig?

Nach den beiden Länderspielen gegen die Niederlande und Nordirland habe ich mir so meine Gedanken gemacht, ob unsere Mannschaft auf dem richtigen Weg ist. Ich vermisse bei Jogi Löw das Überraschungsmoment. Was ihm fehlt, ist die zeitnahe, sagen wir besser, die direkte Spielanalyse vor Ort. Oder einfach ausgedrückt: Löw kann nicht von einer Sekunde zur anderen den Hebel umlegen. Er kann ein Spiel zwar nachlesen (Zeitung, Internet), aber nicht lesen. Löw ist nicht in der Lage, das muss man an dieser Stelle so deutlich sagen, die Mannschaft wachzurütteln, die Taktik umzustellen. Warum wechselt er nicht einfach mal den Torwart aus, wenn ein Spiel zu kippen droht? So etwas würde den Zuschauer und den gegnerischen Torwarttrainer ein Stück weit verunsichern.

Man kann auch mal für Sekunden die Sportart wechseln, wenn es nicht so rund läuft. Handball vielleicht nicht gerade. Aber sonst eigentliche jede, die ohne Stock, Schläger oder Stöckchen und Tischtennisbälle auskommt. Wenn man in einem Spiel den Ball einmal nicht flach halten kann, weil die gegnerischen Spieler zu klein sind, könnte Löw seine Elf auch mal kurz anweisen, auf Händen zu laufen. Warum nicht? Ein perfektes Kurzpassspiel in luftiger, niveauvoller Höhe, würde viele überraschen. Der Ball würde ja auch weiterhin mit den Füßen gespielt – alles wäre korrekt. Bei dieser Technik müsste man aber sehr viel üben, um sie zur absoluten Perfektion zu führen.

So wie es jetzt läuft, geht es jedenfalls nicht weiter, da scheiden wir doch in jedem Achtelfinale der Welt einfach und nicht überraschend aus. Immer und überall. Schreiben sie mir doch alle ihre Meinung dazu. Schließlich sind wir doch alle Bundestrainer.