Analyse Bei schönem Wetter steht die Polizei noch mehr unter Stress

Schöne Sommerabende mit Grillwurst, Bier und guten Freunden haben bisweilen ungewollte Nebeneffekte.

Symbolbild. Foto: Archiv

Foto: Michael Bergmann

Wuppertal. So manchem Polizisten kann der Blick auf die Wetter-App seines Mobiltelefones den Schweiß auf die Stirn treiben. Nicht, weil es schon so warm wäre, sondern weil es womöglich so warm wird. Dann nämlich treib es auch die Wuppertaler vor die Tür, in die Gärten und Parks. Vor allem an Wochenenden wird dann gegrillt und gegrölt. Das ist nicht nur erlaubt, sondern auch ausdrücklich erwünscht — solange es niemanden stört.

An dieser Stelle bekommen die Schweißperlen auf der Stirn des Polizisten ihre Ursache. „Wir kommen zu nichts anderem mehr“, meldete ein Beamter zuletzt während eines Anrufes der Redaktion bei der Leitstelle. Seine Kollegen waren just in diesem Augenblick wieder einmal zu einer Party gerufen worden. Allerdings nicht zum Feiern. Tagsüber kümmert sich das städtische Ordnungsamt um solche Fälle. Aber die treten meistens abends ein, und dann ist die Polizei zuständig.

„Wenn das Wetter gut ist, merken wir das schon deutlich“, sagt Anja Meis von der Kreispolizeibehörde Wuppertal-Solingen-Remscheid. Für das letzte August-Wochenende hätten die Beamten allein für Wuppertal 114 Einsätze wegen Ruhestörung gezählt. Hinzu kommen die in den Nachbarstädten, was die Zahl insgesamt fast verdoppeln dürfte.

Das beschriebene Wochenende war kein Ausreißer. Auch am Wochenende davor machte der Sommer Partys auf Balkonen und in Gärten möglich. Das Ergebnis: 103 Einsätze in Wuppertal nach 22 Uhr. Von da ab gilt in Deutschland bis 6 Uhr morgens Nachtruhe. Ausnahme ist Silvester. An diesem Tag gehend die Behörden davon aus, dass die meisten Menschen nicht auf ihrer Nachtruhe ab 22 Uhr bestehen. Auch bei Großereignissen wie der Übertragung von Spielen einer Fußball-WM sollen Ordnungsämter schon ein Auge zugedrückt haben. Verlassen dürfen sich Fans darauf aber nicht.

Das Phänomen Party- oder Festlärm ist freilich nicht Wuppertal-typisch. Vor zwei Jahren hat NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) deshalb einmal laut mit dem Gedanken gespielt, solche Einsätze für die Verursacher unerlaubten Lärms kostenpflichtig zu machen. Konkret ist aus den Gedanken allerdings nichts geworden. Die Polizeistreife fährt auf absehbarer Zeit weiter auf Kosten des Steuerzahlers vor.

Für Anja Meis und deren Kollegen ist das Alltag, Routine, wenn in zu hoher Zahl vielleicht auch eine lästige. Die Kollegen seien wegen Ruhestörung mitunter schon sehr viel unterwegs.

„Wir bitten dann darum, die Musikanlage leiser zu drehen“, erklärt die Polizisten. In den allermeisten Fällen geschehe das dann auch. Und wenn nicht? „Dann kommen wir wieder und ermahnen noch einmal zur Ruhre. Und wenn es gar nicht anders geht, nehmen wir die Musikanlage mit aufs Präsidium.“

Wo guter Wille und die Polizei den Frieden zwischen feiernden und belästigten Nachbaren nicht mehr herstellen kann, kommt Justitia ins Spiel. Mit solchen Streits beschäftigen sich in Deutschland die Amtsgerichte.

„Natürlich gibt es immer mal wieder Verfahren wegen Ruhestörungen. Am Amtsgericht sind das regelmäßig Einsprüche gegen Bußgeldbescheide der Stadt Wuppertal“, erklärt Richterin Carmen Schlosser. Zahlen könne sie nicht nennen. „Die werden bei uns unter ,allgemeine Ordnungswidrigkeiten’ in der Statistik erfasst werden.“ Sie selbst habe in der Vergangenheit keine Steigerung der Fälle bemerkt.

Das spricht für die Fähigkeiten der Polizeibeamten. Ihnen scheint es zu gelingen, die meisten Partys auf eine für die Umgebung erträgliche Lautstärke herunterzuregeln.