Bergische Freigeister ausgezeichnet
Der Kultur-Theoretiker Bazon Brock und der Jazzmusiker Roman Babik erhielten den Von der Heydt-Preis: Ein Festakt mit Musik, und schallendem Gelächter in der Citykirche.
Alle zwei Jahre verleiht die Stadt ihren Kulturpreis, diesmal ging der mit 12 500 Euro dotierte Preis an den Kultur-Vermittler und -Theoretiker Bazon Brock, den mit 5000 Euro dotierten Förderpreis erhielt der Jazzmusiker Roman Babik. Die Verleihung bringt viele zusammen: Es fanden nicht nur illustre Gäste aus Stadt und Land den Weg in die Elberfelder Innenstadt, sondern auch der Verleger Hubert Burda und der Ausstellungsmacher Kasper König.
Zu hören bekamen sie gestern in der evangelischen Citykirche geistig nahrhafte Einlassungen über das lebenspraktische Paradoxon bei Bazon Brock, feine Jazzimprovisation von Roman Babik und seinem Duopartner Bernd Oezsevim — sowie schallendes Gelächter.
Als nämlich Oberbürgermeister Andreas Mucke aus der Preisurkunde für Bazon Brock vorlas, dieser sei „die Personifikation des kreativen bergischen Freigeistes“ waren sowohl Publikum als auch Preisträger über diese Eingemeindung verblüfft. Gut, Brock war früher Professor für Ästhetik an der Bergischen Universität und lebt seit 30 Jahren in Cronenberg. Aber ihn geistig derart ans Bergische anzubinden, mag im Sinne des städtischen Kulturpreises sein, ist jedoch kühn.
Bazon Brock
„Bei Bazon Brock heiligt nicht der Zweck die Mittel, sondern die Mittel haben das Ziel zu heiligen“, hatte sein Laudator, der Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich, vorher erklärt. Und dass so viel Leidenschaft nicht jedem gegeben sei.
Die ließ der Preisträger auch in seiner 40-minütigen Rede aufblitzen. Darin beschäftigt er sich neben Ausflügen in die Historie, in denen er in einem Atemzug von Stalins Henker zum französischen König Ludwig XIV. schwingt, vor allem mit der Würde des Menschen und einem trotzigen Optimismus. Denn der Mensch habe nicht aus sich heraus eine Würde, sondern ausschließlich aus seiner Fähigkeit heraus, „das andere Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen zu würdigen“. Er selbst würdigte Johannes Rau als herausragenden christlichen Denker und die Apokalypse des Johannes als Grundlage der Lebenssicht. Demnach kommt man überhaupt nur durch das Wissen von der Apokalypse zum Optimismus: „Der Kölner Spruch ,Et is noch immer jot jejange’ — das ist Blödsinn von naiven Leuten, die vom Leben nichts wissen.“
Mit einem Anflug von Rührung bedankte er sich bei vielen Weggefährten, Kollegen und seiner Lebenspartnerin Monika Hoffmann — „die Beauftragte des Volkes für die Begründung der Hoffnung, dass Liebe dennoch gelingt“. Ein Selbstzitat, auch ein Brock recycelt sich offenbar gern selbst.
Handfest wurde es beim Free Jazz. Wolfgang Schmidtke, Jazzer und Komponist, verfolgte in seiner Laudatio auf Roman Babik, wie der sich aus seiner Jugend in einem musikalischen Elternhaus in Beyenburg und ersten Boogie-Woogie-Konzerten zu einem zugleich filigranen, rhythmusstarken und energiegeladenen Jazzpianisten entwickelt hat. Und Schmidtke fragte laut in Richtung Stadt, wieso es denn nicht möglich sei, den seit 50 Jahren weltweit anerkannten Jazz aus Wuppertal an seinem Entstehungsort in eine institutionelle Förderung einzubetten.
Der Förderpreisträger selbst zog es nach drei Reden vor, seinen Dank nicht gesprochen, sondern mit einem spontan improvisierten Musikstück abzustatten.
Abschließend gab Kasper König, bis 2012 Direktor des Museums Ludwig in Köln, einige Anekdoten zum besten („Bazon Brock ist die geborene Rampensau“), um dessen aktuelles großvolumiges Werk (600 Seiten, sechs Kilo) zu bewerben. Es trägt einen typischen Brock-Titel, der die Lektüre harmloser klingen lässt, als sie tatsächlich ist: „Er lebte, liebte, lehrte und starb. Was hat er sich dabei gedacht?“