Wuppertal Bsirske: "Grüne haben aus ihren Fehlern gelernt"
Verdi-Chef Frank Bsirske war am Dienstag bei den Grünen. Am Kerstenplatz sprach er mit der Direktkandidatin Sylvia Meyer und Markus Kurth.
Wuppertal. Nach den letzten Umfragen, in denen die Grünen abgeschlagen auf dem letzten Platz der kleinen Parteien rangieren, schien die Musik auf dem Kerstenplatz im Elberfelder Zentrum am Dienstag beinahe zynisch — oder auch kämpferisch, je nach Auslegung. „Ich kann nicht aufhören zu träumen, das will ich nicht“, sang der junge Mann aus Wülfrath mit Gitarre und Verstärker, den die Grünen selbst bestellt hatten.
Die Grünen haben am Dienstag auf den Kerstenplatz, direkt am Neumarkt, geladen, um mit prominenter Unterstützung für ihre Direktkandidatin im Wahlkreis zu werben. Das prominente Gesicht war Frank Bsirske, Chef der Dienstleistungsgesellschaft Verdi. Er kam in diesem Jahr schon das zweite Mal nach Wuppertal, um die Verfehlungen der Politik zu beklagen — vor allem Hartz IV und dessen Folgen.
Dazu kam der Dortmunder Direktkandidat und Sprecher für Renten- und Sozialpolitik der Grünen im Bundestag, Markus Kurth.
Pünktlich um 17.30 Uhr begann die öffentliche Diskussion, die wenig wartendes Publikum hatte, aber später etwa 25 zufällige Zuschauer bekommen sollte.
Meyer moderierte an. Sie sagte, dass immer mehr Menschen in unsicheren oder schlecht bezahlten Jobs stecken würden, vor allem Frauen. Vielen, auch Durchschnittsverdienern, drohe die Altersarmut.
In der Folge stellte sie die Fragen an Kurth und Bsirske und brachte als erstes die zunehmende Zahl von Minijobs und befristeten Arbeitsverhältnissen zur Sprache. Frank Bsirske nannte die Agenda 2010 der rot-grünen Regierung eine „Rückkehr zur Unsicherheit“. Diese Politik habe den Zustand zurückgebracht, in dem Arbeiter ein Jahrhundert hätten Leben müssen: „Man kann das Leben nicht planen, weiß nicht, ob man in einem Monat noch den Arbeitsplatz hat oder ob das Geld am Ende des Monats zum Leben reicht“. Er forderte eine „Neue Sicherheit der Arbeit“ und eine wirksame Bekämpfung der Arbeitsverhältnisse.
Auch Markus Kurth machte die Arbeitsmarktreform für die Lage verantwortlich und sagte, die Grünen hätten aus ihren Fehlern gelernt und ihre Ansichten geändert. „Damals bei der Agenda 2010, haben alle geglaubt, Minijobs seien eine Brücke in den regulären Arbeitsmarkt. Heute wissen wir es besser. Sie sind eine Falle.“ Er sprach von einem „Wahn“ von Politiker und Medien zu der Zeit, aus dem die Grünen gelernt hätten. Er forderte, dass alle Instrumente, die Arbeitgeber nutzten, um Löhne zu drücken oder um Menschen vom Engagement etwa in Betriebsräten abzuhalten wie verlängerte Probezeiten, abgeschafft werden. „Minijobs gehören abgeschafft“, denn damit drückten sich Arbeitgeber um ihre Verantwortung und Pflichten.
Die Grünen verwiesen auf ihre frühe Einsicht bei dem Thema und darauf, dass sie schon 2003 den Mindestlohn gefordert haben. Frank Bsirske stimmte dem zu. „Die Grünen haben früh aus ihren Fehlern gelernt. Das ist ein Kurswechsel, den ich nur begrüßen kann“, sagte der Gewerkschaftschef.