Wuppertal Buch: Die Geschichte der Deserteure

Der Historiker Florian Hans hat ein Buch zu den Erschießungen in Ronsdorf veröffentlicht.

Wuppertal. In Ronsdorf, dort, wo jetzt das Jugendgefängnis steht, wurden während des Zweiten Weltkriegs mindestens 23 Soldaten erschossen, die meisten von ihnen, weil sie Deserteure waren, sich von der Front entfernten. Die historischen Fakten und die Einordnung in den historischen Zusammenhang hat der junge Historiker Florian Hans (28) jetzt in einem gut lesbaren Buch zusammengestellt. Das liefert den Hintergrund zu dem Denkmal, für das sich einige ehemalige Schüler der Erich-Fried-Gesamtschule einsetzen.

Am Anfang stand der Gedanke, dass das Thema Deserteure noch nicht viel bearbeitet wurde. Ulrike Schrader, Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge schlug es daher für die Gestaltung des Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus 2015 vor. Schüler der Erich-Fried-Gesamtschule beschäftigten sich damit, Geschichtsstudent Florian Hans aus Münster begleitete die Arbeit. Die Jugendlichen befragten Menschen in Ronsdorf, erfuhren, dass Deserteure durchaus unterschiedlich beurteilt werden. Ihre Gestaltung der Gedenkfeier fand viel Lob.

Florian Hans schrieb seine Bachelorarbeit über das Thema und drei Jugendliche von der Gesamtschule verfolgten das Thema auch nach der Gedenkfeier weiter, ihre Idee: ein Denkmal, dass an die in Ronsdorf erschossenen Menschen erinnert. Die Bezirksvertretung und die Begegnungsstätte unterstützte die Idee.

„Weil das Projekt so viel Aufmerksamkeit in der Bevölkerung und auch in der Politik erhalten hat, fanden wir, dass es weiter aufgearbeitet werden sollte“, sagt Ulrike Schrader. Daher beauftragten sie Florian Hans, ausführlich zu forschen.

Er sah sich Dokumente im Stadtarchiv an, besuchte das Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg und erhielt Material von der „Deutschen Dienststelle (WASt)“ in Berlin, die Wehrmachtsdokumente verwahrt. „Wenn man selbst Quellen ansieht, dann ist das schon sehr spannen“, berichtet er. Neu war für ihn auch, die Quellen zu einem Buch aufzuarbeiten, das sich nicht an Wissenschaftler wendet. „Manches musste man mehr erklären“, erläutert er. Auch zu entscheiden, welche Dokumente im Buch abgedruckt werden, „war schon nicht ganz einfach“. Ulrike Schrader und auch der Layouter Thomas Ulrich hätten ihn dabei sehr unterstützt.

Das handliche Buch im Format Din A4 ist leicht zu lesen und durch die vielen Abbildungen von alten Pässen, Dokumenten und Briefen sehr anschaulich. Es klärt über den Begriff „Fahnenflucht“ und seine Beurteilung unter den Nationalsozialisten auf, erläutert das militärische Gerichtswesen und das Vorgehen beim Vollstrecken von Todesurteilen.

Nicht zuletzt stellt es die Männer vor, die in Ronsdorf erschossen wurden. Zu einigen gibt es viele Quellen, zu einigen nur wenig. Bei manchen finden sich gerichtliche Dokumente über das Vorleben, abgedruckt ist der Brief eines Häftlings an seine Eltern und auch die Postkarte einer Mutter ans Militär, das ihren Sohn suchte. Die Männer hatten zum Teil schon Erfahrungen mit Haft. Was ihre Gründe für die Fahnenflucht waren, lässt sich nicht mehr feststellen. Auch dass dies offen bleibt, macht das Buch deutlich.

Es fasst zudem die Diskussion über Deserteure in Wuppertal zusammen. Ende der 80er Jahre hatte es erstmals Interesse an den Erschießungen gegeben, aber auch noch viele abwehrende Reaktionen.