Wuppertal Ponys: Lehrer mit vier Beinen und Puschelohren
Der Umgang mit Ponys wirkt sich positiv auf die persönliche Entwicklung von Kindern aus. Das wird in Tanja Reitz’ Reitschule vorgelebt.
Wuppertal. „Anfangs hab’ ich gedacht, dass ich niemals galoppieren können würde, da hatte ich schon Angst vor. Nach ein paar Reitstunden ging das aber und jetzt würde ich am liebsten nichts anderes mehr machen“, sagt Johanna. Sie ist 13 Jahre alt, seit einem halben Jahr nimmt sie Reitstunden in der Kinderreitvorschule am Dönberg. Auf die Entwicklung, die sie seitdem durchgemacht hat, ist sie sichtbar stolz — eine der erfreulichen Begleiterscheinungen, wenn Kinder und Jugendliche sich ans Pferd wagen.
Genau diese Entwicklung steht für Tanja Reitz, die Inhaberin der Reitschule an der Siebeneicker Straße 351, im Mittelpunkt. Genauso, wie das Wohl der Pferde, betont sie. „Wenn Kinder sich mit Pferden auseinandersetzen, dann lernen sie vor allen Dingen Selbstbewusstsein und Verantwortung“, so die 45-Jährige. Gut nachvollziehbar: Selbst kleine Shetlandponys sind relativ groß für eine Vierjährige. Mit einem körperlich so überlegenen Tier umgehen zu lernen, bewirkt einiges.
So ist es auch der sechsjährigen Ida ergangen. Vor zwei Jahren hat sie angefangen, am Dönberg zu reiten. Sie liebt es, Pünktchen ist ihr Lieblingspony. Idas Mutter Tanja Schwardtmann hat eine große Entwicklung bei ihrer Tochter festgestellt. „Sie ist viel selbstbewusster geworden. Das ist schon bemerkenswert.“
Selbstbewusstsein ist das eine, zum anderen müssen die Kinder auch lernen, dass sie für die Tiere Verantwortung tragen. Vor dem Reiten werden die Pferde gemeinsam versorgt, geputzt, gesattelt, geschaut, ob es allen gut geht. Mit der Zeit werden die Kinder dabei immer selbstständiger. „Noch eins ist mir wichtig: Hier ist jeder nett zueinander. Zwar kommen sehr unterschiedliche Kinder hier zusammen, Mobbing und Ausgrenzen wird aber nicht geduldet“, erklärt Tanja Reitz.
Seit einem Jahr hat die Reitschule auch einen eigenen Verein. Tanja Reitz arbeitet jedoch nicht nur mit privaten Reitschülern zusammen, es gibt Kooperationen mit Kindergärten, Schulen und einem Kinderheim, um nicht nur finanziell Bessergestellten den Kontakt zu Pferden zu ermöglichen. Da gibt es dann besondere Preise für die Reitstunden und zusätzlich Fördermittel durch die Stadt. Und auch für Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten seien Pferde ideale Begleiter. „ADHS-Kinder, zum Beispiel, werden beim Reiten viel ruhiger. Schon deshalb, weil das Pferd ihnen zeigt, dass sie mit Ungeduld nicht weit kommen.
Seit Februar arbeiten regelmäßig zwei Siebtklässler einer Förderschule mit auf dem Hof, im Rahmen des Schulfachs „Verantwortung“. Sie hantieren mit der Schubkarre im Auslauf-Bereich des Offenstalls, laufen zwischen den Ponys durch und räumen den Mist weg. „Anfangs hatte ich schon etwas Angst vor den Pferden“, sagt einer der beiden. „Jetzt ist das schon viel besser.“ „Ab zum Misthaufen“, delegiert Tanja Reitz. Etwas unbeholfen schlingern die beiden hinter ihrer voll beladenen Schubkarre den matschigen Weg hinunter. „Was macht ihr, wenn ihr nicht in der Schule sitzt?“, fragt Reitz scherzhaft. „Zocken“, antworten sie grinsend.
Das Problem der fehlenden Mobilität, des fehlenden Körperbewusstseins bemerkt Tanja Reitz nicht nur bei den beiden. Generell betreffe das immer mehr Kinder. Darauf müsse man mit entsprechenden Übungen im Unterricht reagieren. Den Unterricht leitet Reitz’ mit allen Lizenzen ausgezeichnete Tochter. Diese Woche arbeitet diese jedoch auf der Equitana in Essen mit.