Gastbeitrag Bürger, Beweger, Brückenbauer – Ernst-Andreas Ziegler wird 80
Wuppertal · Uni-Rektor Lambert T. Koch über den Gründer der Junior Uni und Ehrenbürger Wuppertals.
Er ist eine Marke. Besondere Kennzeichen: veritabler Schnäuzer, Lachfältchen, gerader Blick, fester Händedruck. Die Rede ist von Ernst-Andreas Ziegler oder unter Insidern: EAZ. Heute begeht er seinen 80. Geburtstag. Auch wenn der Jubilar 1938 in Weimar das Licht der Welt erblickte, identifiziert er sich doch seit gefühlten Ewigkeiten mit seiner heißgeliebten Wahlheimat Wuppertal.
Zunächst war der gelernte Journalist für den General-Anzeiger, die heutige Westdeutsche Zeitung, tätig, bevor er 1972 Leiter des Presseamtes wurde. Als Chef der Öffentlichkeitsarbeit prägte er die Entwicklung der Stadt an der Wupper in all den Jahren entscheidend mit. Dabei war es stets die Kür und nicht die Pflicht, die ihn motivierte. Kommunikation, Werbung, Marketing, Krisenbewältigung, städtische „Außenpolitik“ – Ziegler, ein enger Freund Johannes Raus und seiner Frau Christina, war überall und wurde gebraucht, weit über das erwartete Anforderungsprofil hinaus. Auch als Autor regionaler Bestseller machte er sich einen Namen. So etwa mit dem Kinderbuch: „Tuffi und die Schwebebahn“, das er 1970 zusammen mit Marguerita Eckel verfasste. Oder mit: „Liebeserklärung an Wuppertal“ (1991) und später „Auf der Suche nach der Wuppertaler Seele. Geschichten aus einer ganz besonderen Stadt“ (1996).
Seine ehemaligen Chefs beschreiben ihn als überaus loyal, klug und sensibel, aber, wenn es sein musste, auch als kompromisslosen Ausputzer. Einen, der notfalls – ausgedrückt in der Sprache des Fußballs – auch vor robusten Tacklings nicht zurückscheute. Daher war man gut beraten, ihn zu seinen Freunden zu zählen, so frühere Weggefährten. Dass er bis heute Ziele, von denen er überzeugt ist, mit einer solchen Verve und zugleich so hartnäckig verfolgt und sich von Rückschlägen kaum kleinkriegen lässt, hat sicherlich auch mit seiner großen privaten Leidenschaft zu tun: dem Langstreckenlauf. Wer, wie der Autor dieses Beitrags, schon mit Ernst-Andreas Ziegler im Laufdress unterwegs war, erfährt ein wenig mehr darüber, wie der Ultramarathonläufer tickt. Das Laufen ist seine große Liebe, und er betreibt es – inklusive Marathon – bis heute. Dabei begeistert er sich für tolle Landschaften, die man im Training fast zwangsläufig durchquert, erfreut sich an den in Wald und Flur zwitschernden Vögeln und erzählt gerne Geschichten, sodass einem als Laufpartner die Zeit nie lang wird. Laufen ist für Ernst-Andreas Ziegler eine Lebensmetapher. Immer weiter, steile Berge nehmen, darauf vertrauend, dass es später auch wieder bergab geht, den Genuss des Laufens über Schmerzen stellend, und natürlich: das Ziel nie aus dem Auge verlierend.
Doch nicht nur der im In- und Ausland gefragte politische Ratgeber und erfolgreiche Amateursportler EAZ kann als Vorbild herhalten. Vor allem ist da der unternehmerische Bürger, der Beweger, der Brückenbauer. In einer Zeit, in der zivilgesellschaftliches Engagement wichtiger ist denn je, in der es darum geht, gegen Politikverdrossenheit anzugehen, in einer solchen Zeit bedarf es gerade auch im lokalen Umfeld erlebbarer Leitfiguren. Ernst-Andreas Ziegler ist hierfür ein Paradebeispiel. Er beließ es nie bei der nörglerischen Benennung von Defiziten, sondern investierte eigene Kreativität und Kraft in deren Überwindung und ließ sich für die Allgemeinheit bereitwillig vor den Karren spannen. Er hat die Haltung des in diesem Sinne unternehmerischen Bürgers in aller Konsequenz ausgeprägt und lebt sie bis heute vor.
So sah er beispielsweise, wie wichtig es auch ein Vierteljahrhundert nach dem Zweiten Weltkrieg noch war, Deutschland in der Welt wieder ein sympathisches Gesicht zu verleihen, zu versöhnen statt zu spalten und zugleich die Unüberwindbarkeit des Eisernen Vorhangs nicht zu akzeptieren – um der Menschen willen, hüben wie drüben. Folgerichtig erfand er die Formel von der Graswurzel-Diplomatie und initiierte aus diesem Verständnis heraus seit den 1970er Jahren wichtige internationale Städtepartnerschaften mit Beer Sheva, Košice, Schwerin oder auch Liegnitz. Die ganz normalen Menschen sollten sich kennen und schätzen lernen und so dazu beitragen, dass auch die Politikerinnen und Politiker, hier wie dort, irgendwann nicht mehr anders könnten als aufeinander zuzugehen.
Bei all dem zeigte er sich immer wieder als Meister einprägsamer Symbole. Unvergessen ist der Freundschaftslauf Wuppertal – Košice, imposante 1765 Kilometer lang, der als grenzüberschreitende Demonstration für den friedlichen Dialog zwischen Ost und West noch lange vor dem Fall der Mauer ein viel beachtetes Zeichen setzte. Ziegler ruhte und rastete nicht, bis damals der deutsche Außenminister Genscher und sein tschechoslowakischer Amtskollege Chňoupek die gemeinsame Schirmherrschaft für eine Veranstaltung übernahmen, deren schieres Zustandekommen schon einer Sensation gleichkam. Es versteht sich von selbst, dass auch der Meister selbst für den guten Zweck einmal mehr die Laufschuhe schnürte.
Später war es dann die einmalige Idee des „Langen Tischs“, die er 1989 zum 60. Geburtstag Wuppertals gegen alle Widerstände Wirklichkeit werden ließ. Bürgerinnen und Bürger stellten entlang der Tal-Achse ihre eigenen Tische und Stühle auf, wodurch von Vohwinkel bis Oberbarmen eine 14 Kilometer lange Feiermeile entstand und die Stadt weiter zusammenwachsen ließ. Auch für den Bau der Neuen Synagoge war der Jubilar treibende Kraft. Als Gründungsmitglied engagierte er sich für die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft. Und mit dem Verein WIN, Wuppertaler in Not, war er Ideengeber und Mitbegründer einer großartigen Medieninitiative für Familien, die unbürokratischer und schneller Hilfe bedürfen.
Doch Zieglers Geniestreich ist ohne Frage die Wuppertaler Junior Uni. Als Universität für Kinder und Jugendliche stellt sie eine bundesweit nach wie vor einmalige Einrichtung dar. Ganzjährig, allein durch private Spenden und den persönlichen Einsatz ihrer Gönner ermöglicht, bietet sie für junge Menschen von vier Jahren bis zum Abitur Kurse zum Experimentieren und Forschen, fördert Kreativität und Gemeinsinn, vermittelt Freude am Lernen und stärkt so, komplementär zur Arbeit der Schulen, die Innovations- und Transformationskraft unserer Gesellschaft. Wer an der Junior Uni Kurse absolviert, lernt die Achtung vor den Wundern der Natur, entwickelt Interesse daran, unsere Umwelt aktiv zu schützen und übt sich in der Findigkeit, eigene Problemlösungen zu kreieren. Wenn man so will, hat hier der unternehmerische Bürger Ernst-Andreas Ziegler sein Meisterstück genau damit gemacht, die Plattform für eine nächste Generation solcher bürgerschaftlich Engagierter zu bauen. Denn wer sich kindliche Kreativität, Neugier sowie Leidenschaft fürs Lernen erhält und zugleich mit einem ethisch geschärften Blick aktuelle Gefährdungen verstehen lernt, der kann später kaum anders, als sich aktiv für eine bessere Welt einzusetzen.
Wuppertal hat Professor Ziegler, dem zu Recht im In- und Ausland oft Geehrten, vieles zu verdanken. Sei ihm auch von hier aus ein herzlicher Glückwunsch zugerufen: Lieber Andreas, bewahre Dir Deine Energie und Gesundheit und bleibe Deiner Heimatstadt noch lange erhalten!