Podcast - Wuppertaler Wendepunkte Darum sollten Verbraucher in Wuppertal höhere Abschläge für Gas und Strom zahlen

Wuppertal · WSW-Chef Markus Hilkenbach und Daniel Bruder von der GWG erklären die Preissteigerungen. Die Abschläge für Strom sollen zum 1. Oktober für die Wuppertaler um etwa 30 Prozent, die für Gas um 60 Prozent steigen.

Steigende Preise machen auch das Kochen mit dem Gasherd für Verbraucher teurer.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Die Hiobsbotschaften kommen mittlerweile täglich: Die Inflationsrate steigt unaufhörlich weiter. Die Polizei in NRW bereitet sich auf einen möglichen Blackout vor. Im TV werden Familien präsentiert, deren Stromanbieter nun das Zwölffache der ursprünglichen Abschlagsrate verlangt. Die Menschen sind verunsichert. Aber was können Privatleute jetzt machen? Für unsere Serie „Wuppertaler Wendepunkte“ haben wir mit Markus Hilkenbach, Vorsitzender der WSW-Geschäftsführung, und Daniel Bruder, Prokurist bei der GWG, gesprochen.

Die Wuppertaler Stadtwerke schreiben momentan – wie viele Stromanbieter der Republik – ihre Kunden an. Die Abschläge für Strom sollen zum 1. Oktober für die Wuppertaler um etwa 30 Prozent, die für Gas um 60 Prozent steigen. „Das treibt auch uns um. Wir sind der Übermittler der schlechten Nachricht. Wir haben aber auch den Wuppertalern gegenüber eine Verantwortung, nun mit der Situation gut umzugehen. Momentan arbeiten wir an guten, substanziellen Energiespartipps, die wir über alle Medien, die uns zur Verfügung stehen, verbreiten. Wir haben Mitarbeiter, die sich ausschließlich mit der Beratung zu diesem Thema beschäftigen“, sagt Hilkenbach.

Da geht es nicht nur um das Thema Energiesparen, sondern auch um den Umgang mit der Situation, die Kosten nicht mehr tragen zu können. Aber warum sind die Erhöhungen, die die Stadtwerke fordern, noch vergleichsweise moderat? „Das liegt daran, dass die Stadtwerke in der Regel über mehrere Jahre einkaufen und somit alte Preise mit aktuellen Preisen vermischen“, erklärt der WSW-Chef. Die bittere Wahrheit liegt dann aber auch darin, dass die Preise in den kommenden Jahren – wenn die gekauften Mengen zu alten Preisen auslaufen – weiter steigen. Für den Experten ist klar, dass nun die Politik gefragt ist, Lösungen zur erarbeiten, damit sich diese Preise nicht auf die Privatpersonen niederschlagen.

Die GWG verwaltet 5600 Wohnungen, nah an der Vollvermietung. Der Markt hat in den vergangenen Jahren bereits zu Mieterhöhungen geführt. Jetzt kommt die Belastung durch erhöhte Gas- und Strompreise obendrauf. Durch gute Kommunikation will die GWG die Mieter erreichen und Stromspartipps geben. Zum anderen optimiert die GWG auch die technische Seite und stellt die Versorgung in allen Häusern nach und nach auf den Prüfstand. In den Fällen, wo die GWG weiß, dass immense Preissteigerungen kommen, versucht sie, die Abschläge zu erhöhen. Aber: „Die aktuellen Abrechnungen sind gerade raus. Diese ist aber rückwirkend, sprich es sind noch keine Nachzahlungen erforderlich.

„Entsprechend schwer ist es, den Leuten begreiflich zu machen, warum sie trotzdem höhere Abschläge zahlen sollen. Insbesondere in Zeiten, in denen alles andere ebenfalls teurer wird“, so GWG-Prokurist Daniel Bruder. Hinzu kommt, dass die Mieter der GWG im Durchschnitt ein monatliches Haushalts-Nettoeinkommen von 1800 Euro haben. Höhere Abschläge sind da kaum drin. Die Stadtwerke versuchen, bei ihren Kunden die Abschlagsanpassungen so gut es geht vorausschauend zu berechnen. 

Wuppertal ist sensibilisiert. Der Runde Tisch Energiearmut hat in der vergangenen Woche erstmalig zusammengesessen. Auch dort sind neben vielen anderen die GWG und die WSW an Bord, um parallel Lösungsansätze zu erarbeiten. „Wir können das Problem nicht alleine lösen, als Stadtwerke. Wir können nicht auf alle Zahlungen zu verzichten. Wir machen aber alles, um unnötige Sperrungen durch Zahlungsausfälle zu vermeiden. Das geht nur, wenn wir frühzeitig ins Gespräch kommen. Dazu ist unter anderem der Runde Tisch ein weg“, befürwortet Hilkenbach die Zusammenarbeit.

Gleichzeitig stellen sich die Stadtwerke personell neu auf, um die kommenden Anträge und Anfragen zu bewältigen. „Als kommunales Unternehmen können wir mit der Situation anders umgehen als überregionale Anbieter“, sagt Hilkenbach. Die schlechte Nachricht ist aber auch, dass die Krise nicht plötzlich, auch nicht mit Ende des Ukraine-Kriegs, vorbei sein wird. Denn: Die Stromanbieter kaufen jetzt den Strom für 2024. „Da müssen wir so ehrlich sein, und den Menschen sagen, dass das eine Situation ist, die so bleiben wird. Wir werden so schnell nicht wieder auf dem Preisniveau von 2019 sein“, so Hilkenbach. Mit 80 Prozent Marktanteil sind die Stadtwerke in Wuppertal Marktführer.

Sollten Eigentümer jetzt Investitionen tätigen, um den Verbrauch zu reduzieren? „Auf der einen Seite kann an dieser Stelle viel getan werden. Das ist auch für die Klimathematik gut. Wir als Unternehmen stellen uns da gerade neu auf, um, was Angebote wie Wärmepumpen, PV-Anlagen und E-Mobilität angeht, besser zu werden. Aber: Das betrifft auch andere Unternehmen. Und da gibt es mittlerweile bis eineinhalb Jahre Wartezeit für die Technik und die Handwerkerkapazitäten“, so Hilkenbach. Die GWG investiert seit 1990 in die Bestände und hat so massiv CO2 eingespart. Doch das reicht noch nicht, sagt Bruder: „Wir haben unseren Klimapfad 2045 aufgestellt. Das bedeutet; wir wollen unsere Gebäude bis dahin CO2 neutrale Gebäude haben. Dazu brauchen wir eine jährliche Investition von 20 Millionen Euro. Bei einem Jahresüberschuss von einer Million ist das Geld, was wir erst einmal haben müssen. Und da spreche ich von rein monetären Problemen, von Lieferengpässen und Kapazitäten abgesehen. Jetzt kommen noch erhöhte Finanzierungsaufwendungen hinzu.“

Darum arbeitet die GWG neben den langfristigen Lösungen jetzt auch an kurzfristigen Maßnahmen. In verschiedenen Pilotprojekten im Kleinen sollen nun Erfahrungen, beispielsweise über die Heizungsanlagen, gesammelt werden. Skaliert können sie dann schnell Abhilfe schaffen. Einig sind sich aber alle, dass sich einfach jeder mit dem Thema auseinandersetzen muss, egal ob Privatmensch oder Unternehmen. Jeder sollte seine Nebenkosten auf den Prüfstand stellen. Denn das Problem wird sich nicht in Luft auflösen.

Im nächsten Wuppertaler Wendepunkte-Gespräch wird es um die Gaskrise und Lösungsansätze in Bezug auf Unternehmen gehen.