An der Bergischen Universität gibt es viele Senioren, die sich nach dem Berufsleben weiterbilden wollen Das Online-Semester bringt für ältere Studierende neue Herausforderungen
Wuppertal · Die WZ fragt nach, was das insbesondere für die Gruppe der Seniorenstudierenden an der Universität bedeutet. und was die Hochschule tut, um sie zu unterstützen.
Knapp 23 000 Studierende lernen an der Bergischen Universität Wuppertal. Zum Wintersemester, das im Oktober beginnt, kommen wieder neue dazu. Wenigen ist bewusst, dass nicht nur Schulabgänger oder Personen, die sich beruflich neu orientieren wollen, in den Hörsälen und Seminarräumen sitzen. Unter den Studierenden sind auch zahlreiche Senioren, die sich getreu dem Motto „lebenslanges Lernen“ weiterbilden wollen. Auch für sie läuft das Studium während Corona anders als bisher. Was für manchen eine Herausforderung bedeutet, ist für andere kein Problem.
Dieter Pavel etwa studiert im zweiten Semester Geschichte und Soziologie. Er bemerkt, dass die virtuellen Vorlesungen, nur mit Stimme ohne Bild, große Disziplin und Konzentration erforderten. Und Karla Ohlig-Facklam, die im zweiten Semester Pädagogik, Soziologie und Geschichte studiert, sagt: „Es gab auch Power-Point-Präsentationen, die es ermöglichten, bei freier Zeiteinteilung zu arbeiten.“
Ralf Radojewski ist erst seit kurzem im Ruhestand und belegt im zweiten Semester Theologie und Geschichte. Er habe Vorlesungen via Zoom und konkrete Aufgaben bekommen. „Ich habe die Fürsorge der Dozenten gespürt, was das digitalisierte Lernen betrifft. Während meines Arbeitslebens hatten IT-Kenntnisse immer die höchste Priorität, so dass ich auf dem Laufenden bin.“ So geht es aber nicht allen Studierenden, was sich auch auf die Teilnehmerzahl der Online-Vorlesungen auswirkt.
André Kukuk, Geschäftsführer des Zentrums für Weiterbildung der Bergischen Universität (ZWB), führt die geringe Zahl der Online-Teilnehmenden bei manchen Veranstaltungen darauf zurück, dass die Dozenten noch kein Gespür für die Menge der Aufgaben gehabt hätten und drei bis vier Zoom-Veranstaltungen pro Tag genug wären. Es werde nicht kontrolliert, wer online sei. „Strukturell gibt es mehr IT-Arbeitsplätze an der Uni. Nichtsdestotrotz ist eine persönliche EDV-Ausstattung der Studierenden notwendig.“
Ralf Radojewski sieht auch Vorteile. So hätte es aufgrund des Online-Betriebs im Sommersemester keine Kollisionen von Veranstaltungen gegeben. Der Nachteil sei, dass durch die Pandemie Exkursionen ausgefallen seien. „Ich habe dann selber eine Exkursion für ein Kirchenfenster-Seminar unternommen“, berichtet er.
Uni will wieder mehr Präsenzveranstaltungen anbieten
Dieter Pavel betont, dass ihm im laufenden Semester am meisten die sozialen Kontakte, wie der Austausch mit Kommilitonen bei einem Kaffee, gefehlt haben. Karla Ohlig-Facklam fügt hinzu, dass es auch schwierig gewesen sei, sich zu motivieren.
Vielleicht ändert sich das im Wintersemester, das laut André Kukuk ein „Hybridsemester“ werden soll – also ein Mix aus Online- und Präsenzveranstaltungen. „So ist es mögich, mehr Online-Veranstaltungen anzubieten, bei denen es irrelevant ist, wie viele Studierende daran teilnehmen. So könne man sie auch breiter öffnen für Seniorenstudierende“, sagt Kukuk. Aufgrund der Abstandsregelungen müssten kleinere Veranstaltungen wie Seminare in Hörsäle verlegt werden. Die Hörsaal-Kapazitäten reichten nicht für alle Studierenden aus. „Nach wie vor gibt es viele Fragezeichen“, sagt er.
Die Raumplanung erfolge durch die Fachbereiche mit spezieller Kennzeichnung von Online- und Präsenzveranstaltungen. Dazu biete die Hochschule für das Wintersemester vorbeugend Infoveranstaltungen zum Umgang mit Hochschulportalen und Zoom an. „So wollen wir Hemmschwellen senken. In Tutorien sollen technische Probleme individuell aufgefangen werden“, sagt Kukuk.
„Für mich war das Online-Lernen ein Sprung nach vorne als Generation, die noch ohne Zugang zur IT aufgewachsen ist. Ich sehe das Online-Lernen mit Heiterkeit und Zoom macht mir Spaß“, berichtet Dieter Pavel.
Auf die Frage von André Kukuk, ob die Seniorenstudierenden im Sommersemester unter Corona-Bedingungen mehr gelernt hätten, antwortet Ralf Radojewski, dass er anders gelernt habe, andere Themen wie das Schreiben von Essays. „Das war für mich als Ingenieur völliges Neuland“, betont er.
Karla Ohlig-Facklam fügt hinzu, dass sie im ersten Semester ohne Corona-Einschränkungen besser gelernt habe. Im Präsenzbetrieb sei das Lernen einprägsamer. „Im Onlinebetrieb verschwimmt die Erinnerung an den Lehrstoff leichter“, sagt sie.
Ralf Radojewski ergänzt, dass im Sommersemester der Austausch zwischen Dozenten und Studierenden fehlte. Und Dieter Pavel vermutet, dass auch in den weiteren Semestern dreiviertel des Lernens online erfolgen wird, wie auch in Konzernen, wo Mitarbeiter zukünftig mehr im Homeoffice arbeiten werden.
André Kukuk betont jedoch, dass die Uni schnellstmöglich zurück zu Präsenzveranstaltungen kommen wolle, besonders in Fächern wie Erziehungswissenschaften, Philosophie und Sozialwissenschaften. „Es ist erstaunlich, wie schnell die Technik bei der Umstellung von Präsenz- auf Onlinebetrieb funktioniert. Das Ergebnis ist in der Kürze der Zeit sehr gut“, analysiert André Kukuk.